Puh, ist zwar noch früh, aber trotzdem möchte ich mich auch wieder in die Diskussion einschalten.
Erstmal danke an Cubano für den Hinweis auf die LRA. Der Blickpunkt derartiger Diskussionen fokussiert sich leider immer nur auf den Islamismus (oftmals wird dann leider gleich eine ganze Religion an die Kandare genommen). Aber es stimmt schon, was interessiert uns Afrika, da gibt's ja schließlich kein Öl...
Was also tun? Diese Frage zu beantworten kann und darf sich eigentlich niemand anmaßen. Miltärisches Vorgehen, wie es offenbar in Politikerkreisen heiß diskutiert wird (bzw. schon durchgeführt wird), wird nur zur Folge haben, dass man der Hydra einen Kopf abschlägt und zwei neue nachwachsen - will sagen, was ich zuvor schon geschrieben habe: vielleicht lassen sich fundamentalistische Gruppen so zerschlagen, aber dem Fundamentalismus selbst kommt man so bestimmt nicht bei.
Tatsächlich müsste vieles passieren, was theoretisch machbar, aber in unserem aktuellen Gesellschafts- und Wirtschaftssystem absolut nicht umsetzbar ist. Das von Splash angesprochene Umdenken macht dabei einen großen Teil aus. Aber warum sollte das irgendwer hier tun? Uns geht es doch ganz gut, wir kommen in der Welt zurecht. Das wird wohl erst passieren, wenn wir hier vor ganz massiven Problemen stehen.
Letztlich hat smedhult die einzig praktikable Lösung schon vor einigen Posts vorgeschlagen:
Auch hier müssen die Ursachen des Problems angegangen werden. Die direkten (globale Waffenexporte müssen gestoppt werden (Wunschtraum), die politische, organisatorische und vor allem finanzielle Unterstützung aus dem arabischen Raum muss beendet werden) und indirekten, die ich in der Flüchtlingsdiskussion schon mal nannte:
- keine politische und militärische Einmischung in Krisenregionen
- keine Unterstützung einzelner genehmer Gruppen um politische Verhältnisse zu ändern
- keine Unterstützung autoritärer Regime (der Leitsatz: "Er ist ein Schurke, aber er ist unser Schurke" muss endlich der Vergangenheit angehören)
- Änderung der Wirtschaftspolitik zum Wohle armer Staaten (Abschaffung der Subventionspolitik zur Stärkung einheimischer Märkte, keine Ausbeutung schwacher Staaten durch die Wirtschaft, etc.)
müssen global angegangen werden.
Weiter, sind aus meiner Sicht, folgende Punkte anzugehen:
- Rückführung von Produktionsstätten und Förderungsanlagen in die einheimische Wirtschaft
- Bekämpfung der Korruption
- gesteuerte Wirtschaftshilfe
Die Bekämpfung des Terrorismus kann nur gelingen, wenn wir den Menschen politische und wirtschaftliche Perspektiven in ihrer Heimat aufzeigen können und ihnen Bildung vermitteln.
Denn Extremismus, egal welcher Form, wird nur zum Massenphänomen wenn Armut und Perspektivlosigkeit vorliegen.
Leider ist das auch utopisch, jedenfalls kurzfristig. Im akuellen Wirtschaftssystem werden Politiker niemals derart weitsichtige und besonnene Entscheidungen treffen. Alles was dem Profit in irgendeiner Form abträglich ist, oder das Wachstum gefährdet, ist von Vornherein keine Lösung (die Liste könnte noch lange fortgeführt werden). Abgesehen davon fehlt auch hier der Wille zum Umdenken und der Wille zur Umstellung der eigenen Lebensweise (damit sind wir alle gemeint) ohnehin. Wie gesagt: warum sollte hier irgendwer was ändern, solange es uns so gut geht?
Trotzdem, findet dieses Umdenken irgendwann einmal statt, dann wird auch der Pazifismus nicht mehr als unrealistische und naive Einstellung wahrgenommen.
So, und jetzt stehen wir vor dem Problem, wissen, dass weder Zuschauen noch Angreifen zur Lösung führen werden. Wirtschaftliche Maßnahmen gegen den IS und deren Unterstützer wird sich in Europa niemand zu ergreifen trauen, allein die Angst um unser schönes Öl dürfte das verhindern. Politisch wird sich mit Extremisten wohl nie eine
dauerhafte Lösung finden lassen. Zuschauen lässt sich in vermutlich nicht allzu ferner Zukunft der ohnmächtigen, und durch Medien und diverse (Interessens-)Gruppen verängstigten Bevölkerung nicht mehr vermitteln. Ich befürchte das Schlimmste... letztlich haben uns IS und Konsorten dann genau da, wo sie uns haben wollen: sie können "den Westen" noch viel leichter als Aggressoren darstellen und haben leichteres Spiel, Anhänger für ihre Sache zu gewinnen. So weit darf man es nicht kommen lassen! (Cubano hat das ja auch schon geschrieben).
Manchmal ist ein scheiß Krieg der mit einem Patt endet (wirklich verloren haben die USA militärisch nie) besser, als von vorne rein "aufzugeben".
Nein. Allein schon aus ethischer Sicht kann Krieg nie besser sein, als den Frieden zu wahren (was nicht mit "aufgeben" gleichzusetzen ist). Mir jedenfalls fällt auf die schnelle kein Krieg ein, auf den dies aus praktisch zuträfe. Allerdings sind what-if-Geschichten immer nur eine nette Spielerei, helfen aber in der Regel wenig.
Mit dem oben angesprochenen Umdenken lässt sich auch den Aussagen bezüglich Pazifismus und Krieg begegnen. Ich stimme dir absolut zu: im Moment ist ein Weltfrieden leider völlig utopisch (die Zahl der weltweit kriegsfreien Tage seit Ende des 2. Weltkrieges bewegt sich im einstelligen Bereich) und auch nicht praktikabel. Er ist aber keinesfalls unerreichbar.
@smedhult: Auch wenn ich diesen sehr schönen Beitrag von dir zitiert habe, kann ich deine Position nicht ganz nachvollziehen. Auf der einen Seite widersprichst du der These, dass Krieg die Folge der Anschläge in Paris sein wird und verfasst den von mir zitierten, sehr weitsichtigen Beitrag. Andererseits widersprichst du auch der These, dass Gewalt niemals zu einer akzeptablen Lösung führen wird und würzt das mit einem äußerst fragwürdigen Zitat von Thomas Jefferson.
Verstehe mich nicht falsch, ich will dich nicht kritisieren, denn dazu müsste ich deine Position verstehen können. Das tue ich leider nicht und bitte um Aufklärung.
Edit: Ich möchte noch gerne diesen Blogeintrag eines jungen libanesischen Arztes mit euch teilen. Er fragt (leider zurecht):
Sind arabische Leben weniger wert? Sehr lesenswert, wie ich finde.