Hallo,
ich bedanke mich sehr herzlich bei Euch für die beiden Feedbacks. Ja, die Hibs habe ich vergessen, aber auch nur eher dadurch, weil ich auf den Religionskonflikt in Glasgow verweisen wollte, wo sich die beiden Religionen - Katholiken/Protestanten, Iren/Engländer - wirklich die Vereine "aufteilen". Das ist in Edinburgh in dieser Form nicht ganz der Fall.
Teil 1
An die hundert Journalisten aus ganz Irland waren zu der Präsentation gekommen. Ich saß am Pult, halb verloren, halb gebeutelt, die letzten zerquetschen Promillewerte die bei der Teilung übrigblieben waren für die Vorfreude reserviert. Ich hatte diesen Tag herbeigesehnt wie kaum einen anderen Tag. Ich ließ mich fallen, tauchte in das Blitzlichtgewitter ein und in die Menge vor mir. Die letzten Wochen zogen noch einmal an mir vorbei. Vier Jahre war ich von zu Hause weg gewesen. Von meiner Frau. Von meiner Familie. Weil ich außerhalb von Irland auf der britischen Insel erfolge als Manager feiern wollte. Verdient hatte ich sehr gut. Aber durch die Trennung von meiner Familie, war der Preis den ich dadurch hatte zahlen müssen, weitaus höher als jeder Geldwert. Vor drei Monaten wollte ich dem ein Ende setzen. Eine Entscheidung musste her. „To be or not to be“, „Sein oder nicht sein“ Freud oder Leid. Ich schmiss meinen Trainerposten in England, verzichtete damit auf eine aussichtsreiche Karriere und bewarb mich dafür als Manager der U18-Nationalmannschafts Irlands. Nicht aus sportlichen Ehrgeiz. Nicht aus finanziellen Gründen. Nicht um aufzusteigen. Einzig und alleine aus dem Grund, um wieder zurück nach Irland zu gelangen, näher bei meiner Familie sein zu können. Aber, dass es so enden würde, hätte ich niemals gedacht.
War es vor zwei Wochen? Es könnte sein. Dort lenkte das Schicksal mein Leben in andere Bahnen. Schuld war das Telefon. Zwei Tage lang hatte mich eine mir unbekannte Telefonnummer versucht, zu erreichen. Ohne Erfolg. Wer kennt das nicht? Wenn man fünf Mal am Tag von einer unbekannten Nummer angerufen wird, handelt es sich meistens um eine Agentur, die wissen möchte, wie einem das Gratis-Zeitungs-Abo gefallen hat, oder es ist ein Meinungsforschungsinstitut, das einem Fragen zu der persönlichen Unterbekleidung stellen möchte. Erst als mein Telefon drei Mal hintereinander klingelte, quasi ohne Unterlass, hob ich ab. Ich schrie ein: „Ja, was ist denn?“ hinein, nur um am anderen Ende der Leitung ein Lachen zu hören. „For god sake Marten, you are harden to reach then the President or the Pope“ sagte die Stimme. Ich konnte diese Stimme nicht zuordnen. „It´s Chris Andrews speaking“ sagte die Stimme schließlich. Erst dort ging mir ein Licht auf.
Es war der Vizepräsident des irischen Verbandes, jener Mann, bei dem ich mein Vorstellungsgespräch abgehalten hatte. Und er rief mich an? „Trappatoni ist aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten“ sagte er. „Hände auf dem Tisch Martin. Wir haben Michael O´Neil kontaktiert. Aber der hatte einfach zu hohe finanzielle Forderungen. Also ist eine Alternative gefragt. Wir möchten, dass Du die Mannschaft übernimmst. Zunächst einmal bis Jahresende. Wenn Du das Team im Griff hast, wird es eine längerfristige Lösung. Wenn nicht, gibt uns das Zeit, einen anderen Kandidaten zu finden. Bist Du dabei?“ Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Als Caretaker den Job des Nationaltrainers übernehmen? Auf der anderen Seite.. war das nicht die einmalige Gelegenheit, eine Chance am Kopf zu packen und etwas daraus zu machen? Auf Risiko zu spielen? To be or not to be?
„Rookie steps in as Irish Manager“ war am darauffolgenden Tag in allen Zeitungen zu lesen. Ganz konnten sie nicht verstehen, warum ich es geworden war. Ich verstand es teilweise selber nicht. Und ohne Chris Andrews an meiner Seite, wäre mir der Medienrummel sicherlich auch zu viel geworden. Er blockierte unangenehme Fragen, boxte die Reporter weg und servierte mir die bellende und nach Sensation bellende Meute quasi auf dem Silbertablett.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Presse, TV-Stationen und den übrigen Medien. Es hat heute das Direktorium des FAI die Bestellung von Martin Berger zum neuen irischen Teamchef einstimmig bestätigt. Dies bedeutet, wir haben aus einer Fülle von sehr guten Kandidaten, jenen ausgewählt, der nach unserem Beführhalten unser Profil am besten erfüllt.
Herr Berger, Sie waren einige Jahre in Galway recht erfolgreich als Manager aktiv und verbrachten die letzten drei Jahre in Schottland und England. Wie ist es, wieder zu Hause zu sein?
Ich freue mich sehr und bin dankbar, für diese Chance. Deshalb hoffe ich natürlich auch, dass wir das beste aus unseren Möglichkeiten herausholen werden.
Sie wohnen schon seit einiger Zeit in Galway, werden während Ihrer Amtszeit aber in Dublin leben. Haben Sie Dublin schon lieb gewonnen?
Wir akzeptieren uns gegenseitig.
Ihr liebster Ort in Dublin?
Auf der Ringstraße der M50, die Auffahrt auf die N6. Denn die führt direkt nach Galway zu meiner Familie.
Wie sehen Sie die Ausgangssituation in unserer Qualifikatonsgruppe?
Wir haben mit Deutschland, Schweden, Österreich, Kasachstan und den Färöer Inseln nicht gerade die einfachste Gruppe. Schweden und Österreich sind in Reichweite, Deutschland wird vorne wegziehen. Unser Ziel ist es, mindestens Platz 3 zu schaffen.
Wie gehen Sie mit dieser Gruppe um? Immerhin ist ihr Vater Deutsche, ihre Mutter Österreicherin, ihre Frau ist Irin?
Natürlich, ist es etwas besonderes gegen Deutschland und Österreich zu spielen. Ich freue mich schon auf die Besuche in der alten Heimat, vor allem auf den Topfenstrudel meiner Großmutter. Nein, spaß bei Seite. Wie schon erwähnt – Deutschland wird es ohne Probleme schaffen. Wir kämpfen um den zweiten Platz gegen Schweden und Österreich.
Mit Giovanni Trappatoni hat auch das gesamte Trainerteam den Verband verlassen. Wer wird mit Ihnen arbeiten?
Ich werde mich in den nächsten Wochen mit einigen Kandidaten zusammen setzen. Nur so viel: Der Verband hat mir freie Hand gegeben, ich kann mir mein Team von Grund auf selber zusammen stellen.
Werden Sie bei Ihrem Kader eher jene berücksichtigen, die schon viele Länderspiele für Irland bestritten haben, oder auf ganz neue Spieler zurückgreifen?
Ich werde jene einberufen, die ich als am Würdigsten erachte
Kann so etwas nicht auch nach hinten losgehen?
Das kommt darauf an. Als Alexander der Große 323vChr in Babylon starb, wurde er auf dem Totenbett gefragt, wer sein Nachfolger werden solle. Er antwortete: „Der Würdigste“. Natürlich ging sein Reich zu Grunde – bei so vielen Würdigen, versteht sich das auch. Deshalb wird meine Auswahl eine subjektive Spiegelung darstellen.
Werden Sie die defensive Spielweise der letzten Jahre fortsetzen?
Ich würde sagen, das kommt auf den Gegner drauf an. Natürlich bevorzuge ich selber offensiven Fußball. Aber wir werden jenes System spielen, welches das beste für die Spieler ist. Wir werden mit unserer Mannschaft mindestens zwei Systeme einstudieren, die wir je nach Gegner abrufen werden können. Aber vorweg: Wir werden nicht spielen wie der FC Barcelona, die Anti-These zum FC Barcelona möchten wir aber auch nicht werden.
Welche Zielvorgabe hat Ihnen der Verband auferlegt?
Die Qualifikation ist kein Muss. Wir wollen eine Mannschaft finden, die lange genug um die Qualifikation mitspielen kann. Wir wollen eine Mannschaft entwickeln.
Andrews: Rein von den Ergebnissen her, erwarten wir uns für dieses Jahr 4 Siege aus 6 Spielen. (ich schluckte kurz)
Von einigen Medien, wurden Sie schon als Not- und Billiglösung hingestellt. Ihre Meinung dazu?
Natürlich bin ich nicht der teuerste Manager für diesen Job. Ob ich eine Notlösung bin oder war, wird sich erst entscheiden.
60 Minuten lang, stand ich der Presse Rede und Antwort. Dann war meine erste Aufgabe in meiner neuen Funktion Geschichte. Eine hoffentlich lange Geschichte.