Zwei Tage später saßen wir in einem minimalistisch eingerichteten Büro, das den Eindruck erweckte, dass derjenige, der hier zu arbeiten pflegte, dies schon seit den frühen 70er Jahren tat. Gespannt warteten wir auf Graham Rowley. Er war es, der mir einen Job anbot, wohlwissend, dass ich noch nie einen Fußballverein trainiert hatte. Ich war ja nicht einmal selbst Fußballer gewesen, geschweige denn ansatzweise Profisportler. Handball hatte ich in Deutschland gespielt, schon seit ich ein kleiner Junge war. Und der Handballsport war es auch, der mich nach England brachte. Noch immer, war es mir unerklärlich, wie Rowley darauf kam, dass ich der richtige Mann wäre, um seinen Verein zum Erfolg zu führen.
„Ahh, Mr. Star, wie ich sehe haben Sie den Weg zu meinem bescheidenen Büro gefunden“ Rowleys laute, vom vielen Whiskey- und Zigarrengenuss mitgenommene Stimme riss mich aus meinen Gedanken. „Und Sie müssen wohl Mrs. Star sein. Patrick hat schon viel von Ihnen erzählt, aber er hat mir nicht verraten, wie schön Sie wirklich sind. Es freut mich, Sie endlich kennen zu lernen.“ Da war sie wieder, seine Charmante, aber unaufdringliche Art, mit der Graham mich sofort in seinen Bann zog, als ich ihm zum ersten Mal begegnete. Das ist nun vier Wochen her und seitdem hat sich schon fast so etwas wie eine Freundschaft zwischen dem 68 Jahre alten Kauz und mir entwickelt. Nun musste ich noch Denise von den guten Absichten überzeugen, mit denen Graham uns hierher eingeladen hatte. Doch es liegt in ihrem Naturell misstrauisch zu sein und nichts dem Zufall zu überlassen.
„Danke Mr. Rowley, die Freude ist ganz meinerseits. Aber kommen wir doch gleich zum Wesentlichen.“
„Mensch Star, Ihre Frau ist ja noch temperamentvoller, als Sie. Aber gut, das gefällt mir. Ich mag Menschen, die wissen, was Sie wollen. Also gut, schießen Sie los, was wollen Sie wissen?“
„Ich möchte wissen, warum Sie glauben, dass Patrick der richtige ist, um Ihren Verein sportlich voranzubringen? Sie wissen ja, dass er weder selbst Fußballer war, noch ein ausgewiesener Fachmann ist. Also, Mr. Rowley, warum?“
„Hahaaa… Sehen Sie, da haben Sie den wichtigsten Grund schon selbst genannt. Auch wenn es merkwürdig klingen mag, aber genau deshalb möchten wir Ihren Mann engagieren. Er ist jung, unverbraucht und soweit ich das bis jetzt beurteilen kann voller Ideen, wie man diesen Verein nach oben führen kann. Nicht zuletzt hat mir imponiert, welche Arbeit er beim britischen Handballverband geleistet hat.“
Tatsächlich war ich nicht ganz unbeteiligt an der Entwicklung, die der britische Handball in den letzten Jahren genommen hat. Auch hier war es ein glücklicher Zufall, der mich zu meiner Anstellung brachte. Ich hatte gerade mein Studium in Sportmanagement beendet und war auf der Suche nach Arbeit, auf eine Anzeige des britischen Handballverbandes gestoßen, der im Rahmen der bevorstehenden Olympischen Spiele, eine schlagkräftige Truppe zusammenstellen wollte. Da war ich als Spieler aus dem Mutterland des Handballs genau der richtige für den Job. Zumal ich mit meinen Beziehungen einige Dinge anschieben und gute Arbeit an der Basis verrichten konnte. Und so erarbeitete ich mir einen gewissen Ruf in England, der sich offenbar bis nach Manchester rumgesprochen hatte. Genauer gesagt bis zum Vorort Altrincham. Dort hatte mich Rowley in einer Kneipe aufgabelt, wo ich meinen Frust runterzuspülen versuchte, kurz nachdem mich der Verband rausgeworfen hatte, weil ich Ansprüche auf mehr Mitbestimmungsrecht stellte. Und nun saßen wir hier.
„Und ich möchte Ihnen beweisen, dass ich diese Arbeit auch im Fußball leisten kann. Ich war nicht untätig in den letzten Tagen. Wenn es um Ideen geht, neue Wege einzuschlagen, gerade was den finanziellen Bereich angeht und das Marketing, dann bin ich genau der richtige für Sie. Doch Sie werden mir Recht geben, dass meine fehlenden Expertisen mit einem guten Team ausgeglichen werden müssen. Aus diesem Grund möchte ich zwei Mitarbeiter ins Boot holen, denen ich absolut vertraue.“
„Eigentlich haben wir aktuell schon mehr Personal, als wir bezahlen können.“
„Richtig. Und deshalb wird es unsere erste Aufgabe sein, uns außerhalb des Platzes mit professionellem Personal aufzustellen. Außer Richard Williams, den ich als Torwarttrainer behalten möchte, sehe ich keinen der derzeitigen Mitarbeiter in der Lage, diese Anforderungen zu erfüllen.“
Rowley entglitten kurz die Gesichtszüge. „Dann wollen Sie alle entlassen?“ sagte er mehr zu sich selbst. Doch nach einigem Zögern nickte er und fügte hinzu: „Na gut, Star. Ich habe Ihnen freie Hand garantiert und ich bin ein Mann, der zu seinem Wort steht. Lassen Sie uns den Papierkram erledigen und dann reden wir über die zwei Mitarbeiter, die Sie mitbringen wollen.“