Was macht Mourinho so besonders?
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José Mourinho gilt als einer der komplettesten Fußballtrainer der Welt. Er machte aus unbekannten Spielern Stars, brachte sie zu konstant starken Leistungen und gewann Titel um Titel. Seine größten Stärken liegen jedoch im Bereich der Mannschaftsführung und Motivation, er verbindet moderne Managementstile und Motivationstheorien, um aus seiner Mannschaft das Maximum zu holen. Loyalität und Ehrlichkeit machen ihn bei seinen Spielern beliebt, außerdem stellt er sich bei jeder Möglichkeit demonstrativ vor sie, sei es beim Vorstand, vor den eigenen Fans oder den Medien. Systematisch nimmt Mourinho die Verantwortung auf sich, stärkt seinen Spielern den Rücken und lenkt die mediale Aufmerksamkeit auf sich. Mourinhos Psychospielchen und über die Presse geführten Auseinandersetzungen sind bereits legendär. Nicht umsonst sagte Everton-Coach David Moyes: “Mourinho hat den Trainerjob sexy gemacht” und zahlreiche Fans stimmen ihm zu – Mourinhos Auftreten weicht von sämtlichen Trainer ab, er ist kantig und provokativ, stellt seine Eloquenz immer in den Dienst der Mannschaft.
Trotz wiederholter Kritik aufgrund Unsportlichkeit zieht Mourinho sämtliche Register:
Bei Inter Mailand ließ er im Winter seine Mannschaft nach der Halbzeitpause solange in der Kabine, bis die Gegner bereits froren. Bei Chelsea beleidigte er Arsené Wenger als Voyeur, bei Real Madrid seinen Vorgänger Pellegrini und seinen Sportdirektor Valdano. Nach der Niederlage gegen den FC Barcelona unterstellte er der UEFA und den Schiedsrichtern Parteilichkeit und Betrug – ein Skandal; doch über die schlechte Leistung seiner Mannschaft redete niemand mehr.
José Mourinhos legt Woche für Woche, in jeder Pressekonferenz, eine Show hin. Pro Monat gibt es über 20 Artikel mit direktem oder indirektem Bezug auf Mourinho im Onlineportal des Guardian – auch Jahre nach seinem Abschied aus London. Seine Spieler danken ihm für diesen Schutz. Sie sind weitgehend aus der Schusslinie der Medien und können sich auf das nächste Spiel konzentrieren. Auch dafür lieben ihn seine Spieler. Materazzi und Drogba weinten um ihn, Ballack und Khedira nennen ihn den besten Trainer der Welt und für Ricardo Carvalho ist es eine fußballerische Liebesgeschichte. Der Verteidiger folgte seinem Landsmann bereits zu drei Vereinen.
Mourinho profitiert ebenfalls von dieser „Alle-gegen-uns“-Stimmung, die er entfacht. Er nutzt sie geschickt, um seinen Spielern eine Siegermentalität zu verpassen, eine Motivation, um jedes Spiel gewinnen zu wollen. Ihnen wird eingeredet, dass man nie nur gegen den nächsten Gegner spielt, sondern immer gegen die ganze Welt, die nur auf einen Ausrutscher wartet. Für seine Spieler wandert Mourinho demonstrativ durchs Feuer, seine Spieler folgen ihm auf dem Platz, sie gewinnen mit ihrer überlegenen Mentalität und Psyche – nicht umsonst sind Mourinho-Teams zumeist die einzigen, die überlegenen Mannschaften wie Barcelona Paroli bieten können. Mourinho: ”Im Fußball hat der Trainer eine einzigartige Rolle, hier ist er der beste Psychologe.“
Sein Selbstbewusstsein ist jedoch nicht nur gespielt, tatsächlich ist er sehr von sich überzeugt. Laut Mourinho könnte nur George Clooney ihn selbst in einer Verfilmung seines Lebens adäquat verkörpern. Als Nationaltrainer zu arbeiten lehnt er ab, das sei zu langweilig und zu einfach. Über seine Streitereien mit anderen Vereinen sagt er: „auch Jesus wurde nicht von allen geliebt.“
Nicht nur im Presseverhalten ist er ein Vorreiter, auch taktisch gilt er als eine Koryphäe. Seine Mannschaften spielen seit seiner Chelsea-Zeit sehr ähnlich, mit einer massierten und sattelfesten Defensive, die Umschaltmomente und die Unordnung der Gegner dynamisch nutzt. Jedes Spiel wird exakt vorbereitet, seine Spieler bekommen DVDs mit Gegneranalysen, exakte taktische Vorgaben und detaillierte Planung des Trainings. Dicke Ordner zu jedem Team der Welt kann man bei Mourinho finden, alle werden sie Woche für Woche umgesetzt, um seiner Mannschaft die größtmögliche Chance für Triumphe zu bieten; seine Defensivschlachten gegen Barcelona wird kaum ein Fußballfan je vergessen.
Im Training konzentriert er sich zumeist auf den taktischen und den psychologischen Aspekt des Spiels, viel Spiel mit Ball, Unterzahlspiele und Pressingformen sorgen für das Grundgerüst Mourinhos Arbeit. ”Wenn jeder einzelne Spieler klare Anweisungen bekommt, was er zu tun hat, ist in seinem Kopf gar kein Platz mehr für andere Gedanken. Die Taktik, das System, die Gegenspieler, die Spielzüge, das ist das Thema. Alles andere ist total unwichtig”, sagt DFB-Sportpsychologe Werner Mickler und man könnte glauben, es spricht Mourinho aus ihm – dessen Erfolge geben dieser Meinung Recht. 16 Titel in zehn Jahren, zwei CL-Siege und der Ruf als weltbester Trainer eilen ihm voraus.
Neun Jahre lang war er in Liga-Heimspielen unbesiegt, erst 2011 konnte ihn wieder jemand besiegen, nachdem Mourinho noch mit Porto zuletzt gegen Beira-Mar verlor. Trainer wie Prandelli, Ranieri, Wenger, Ferguson, Benitez und viele andere scheiterten über all diese Jahre. 150 Spiele, 125 Siege und 25 Unentschieden lang war man unbesiegt, die erste Niederlage gegen Beira-Mar war zu neunt. Die zweite Niederlage setzte es Sporting de Gijón, als jene in der 90sten Minute mit ihrem ersten Torschuss den Siegtreffer erzielten – zuvor war Real ein reguläres Tor aberkannt worden. Nach dem Spiel klopfte es an der Tür und Mourinho gratulierte seinem Gegenüber Manuel Preciado zu diesem Sieg.
Eine sportliche Geste eines unfairen Sportsmannes.
Die ganze Geschichte zu Jose Mourinho findet ihr unter folgendem Link:
Quelle: http://spielverlagerung.de/2011/07/29/jose-mourinho-der-mann-mit-den-zwei-gesichtern/