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Autor Thema: Fußballgeschichte: (fast) vergessene Stars  (Gelesen 9506 mal)

Tomminator4real

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Fußballgeschichte: (fast) vergessene Stars
« am: 05.März 2013, 16:07:42 »

1. Matthias Sindelar, der "Papierene" *10.2.1903 - 23.1.1939




Nun, ich möchte diese Rubrik beginnen mit dem ersten Spieler, welcher auch aufgrund seiner Vermarktung als erster Weltstar des Fussballs gilt.  Zusammen mit dem Uruguayer Andrade und Stanley Matthews gilt Matthias Sindelar ( sprich: Schindelar) als bester Spieler der Vorkriegszeit.
Bei der ASV Hertha entdeckt, schien seine Karriere mit 20 schon beendet. Bei einem Sturz in einem Schwimmbecken zog er sich eine schwere Meniskusverletzung zu - für Spieler in dieser Zeit war das zu 90 % das Ende der Fußballkarriere. Doch eine Operation glückte hervorragend und Sindelar konnte nach einem Jahr Pause wieder spielen. Seitdem trug er immer eine Art Bandage bzw. einen Kniestrumpf, um sein Knie zu schützen.
Auch veränderte Sindelar sein Spiel, bzw. er perfektionierte es. Er war schon vorher durch sein elegantes und zweikampfausweichendes Spiel aufgefallen. Wegen seiner Schmächtigkeit erhielt er daher den Spitznamen " der Papierene". Doch nach seiner Verletzung verschärfte er dies, sein Spiel wurde schlicht körperlos. Nach seinem Wechsel 1924 zu Austria Wien ( welche sich bis 1926 "Amateure" nannten) hatte Sindelar zunächst Schwierigkeiten, Spielpraxis zu bekommen, da seinem Trainer Sindelars Spielweise missfiel. Doch gerade wegen seiner herausragenden Technik und seinen endlosen Sololäufen machte er sich bei den Fans beliebt und war spätestens 1927 zum Star der Mannschaft geworden, 1926 debütierte er auch in der Nationalmannschaft.
Dennoch war Sindelar auch bei Hugo Meisl, dem "Trainer" der österreichischen Nationalmannschaft umstritten. Nachdem diese ein Spiel verlor, auch weil Sindelars Sololäufe nicht von Erfolg gekrönt waren, warf man ihn für 14 Spiele aus dem Kader. Nur durch den Druck der Fans durfte er wieder spielen, das war 1931. Im ersten Spiel nach seiner Rückkehr gewann Österreich gegen die favourisierten Schotten 5:0. Es war der Beginn der Serie des österreichischen "Wunderteams" und Sindelar wurde schließlich Kapitän dieser Mannschaft.
(Zum Wunderteam gibt es in nächster Zeit sicher mehr im anderen Thread)
1932 gewann Österreich den Europapokal der Fußball-Nationalmannschaften, eine Vorform der Europameisterschaft. Sindelar galt als der Star dieses "Turniers". Vereine wie Arsenal London boten für diese Zeit astronomisch hohe Summen ( ca. 40 000 Pfund), um ihn zu verpflichten, doch blieb er Austria Wien treu.   So gewann die Austria 1933 und 1936 den Mitropapokal, die "Championsleague der Vorkriegszeit", wobei Sindelar 1933 das entscheidende Tor schoss und man 1936 Inter Mailand , die vielleicht beste Mannschaft auf dem europäischen Festland zu dieser Zeit , im Finale schlug.
Der Anschluss Österreichs an Deutschland 1938 war für Sindelar ein Schock und beendete seine internationale Karriere. Obwohl er schon 35 Jahre alt war, galt er immernoch als bester Spieler Österreichs. Im "Anschlussspiel" war Sindelar dermaßen motiviert, dass er mit den Österreichern Deutschland demütigte. Allerdings nicht mit Toren. Sindelar vergab mit Absicht klarste Torchancen und stoppte sein Dribbling, nachdem er die deutschen Spieler plus Torwart ausdribbelte, nur um das gleiche dann nochmal zu wiederholen.
Nach einer Mahnung in der Halbzeit spielten die Österreicher das Spiel dann serlös zuende und gewannen 2:0.
Sindelars letztes Spiel war ein Freundschaftsspiel gegen Hertha BSC Berlin im Dezember 1938, es endete 2:2 und er schoß ein Tor.
Am 23.1. 1939 wurde Sindelar und seine Freundin tot aufgefunden. Die offizielle Todesursache war eine Kohlenmonoxidvergiftung aufgrund eines defekten Kamins, doch es gibt einige Ungereimtheiten. Sämtliche Akten zum Tod Sindelars, sowie der Obduktionsbericht verschwanden oder wurden vernichtet, weshalb einige glauben, die Nazis hätten den größten Fußballstar Österreichs ermordet.

Sindelar -das Vermarktungsgenie
Sindelar war vermarktungstechnisch für sämtliche Unternehmen eine Goldgrube. Es gab Sindelar-Bälle, er machte Werbung für Anzüge, Uhren, Molkereiprodukte. Er war auf den Werbetafeln in Wien allgegenwärtig und spielte sogar 1938 in einem Film mit.
Insofern war Sindelar in dieser Hinsicht Trendsetter.

Warum ist Sindelar denn nun einer der besten Spieler der Vorkriegszeit?
Sindelar war mit seiner schmächtigen Statur und seinen 1,75m    wirklich für jede  Position im Sturm geeignet, aber nicht als Mittelstürmer. Trotzdem bekleidete er ausschließlich diese Position. Man kann ihm auch nicht unbedingt als "hängende Spitze" oder sonstiges bezeichnen, nach hinten arbeiten konnte/ wollte er nicht, wegen seiner körperlosen Spielweise. Diese Dribbeltechnik war ihrer Zeit schlichtweg voraus. Außer Matthews und Andrade war dieser Spielertyp des Dribblers noch vollkommen neu und auf der Mittelstürmerposition sowieso. Leider kann man das hier nicht so leicht mit Videos belegen. Youtube wird da sicher noch nachlegen in Zukunft, genügend Fimmaterial ist vorhanden. Als ich vor 4 Jahren in Wien war, gewährte man mir den Einblick , alte Aufnahmen sehen zu können.  Sindelar wirkt da in der Tat irgendwie als wäre er in der falschen Epoche unterwegs. Dem ansonsten ziemlich statischen Charakter des Fußballspiels in den 30ern ( ja, auch das Wunderteam würde man aus heutiger Sicht als langweilig bezeichnen), ragte Sindelar heraus . Die zahlreichen Finten ähneln einem George Best oder einem Garrincha.
Die Torbilanz von Sindelar ist übrigens auch eindrucksvoll . In ca. 700 Spielen schoß er um die 600 Tore, in 43 Länderspielen netzte er 27 mal ein.
Zur Einordnung der Klasse Sindelars, noch eine kleine (aber wahre) Anekdote. Der spätere Weltklassetrainer Max Merkel, welcher auch Sindelar gut kannte, war Ende der 50er / Anfang der 60er im Auftrag von Austria Wien in Deutschland auf einer Talentscoutingtour. Bei seiner Rückkehr meldete er, er hätte ein Talent entdeckt, welches "fast so gut wie Sindelar" sei. Die Rede ist von ------ Franz Beckenbauer !

Spieler, die demnächst zur Auswahl stehen:
Dino Zoff
Raymond Kopa ( der Star Frankreichs in den 50er Jahren)
Otto Siffling (Mitglied der "Breslau-Elf)
David Jack (Englands Star der 20er-Anfang der 30er Jahre)
Lew Jaschin (Welttorhüter des 20. Jahrhunderts)
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schlomo23

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Re: Fußballgeschichte: (fast) vergessene Stars
« Antwort #1 am: 05.März 2013, 16:31:37 »

Super! Gerne mehr davon  :)
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Deschyan

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Re: Fußballgeschichte: (fast) vergessene Stars
« Antwort #2 am: 05.März 2013, 16:58:23 »

Sehr lesenswert - danke dafür!  :)
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Henningway

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Re: Fußballgeschichte: (fast) vergessene Stars
« Antwort #3 am: 05.März 2013, 19:44:58 »

Das Buch "Revolution auf dem Rasen" (englische Ausgabe "Inverting the pyramid") befasst sich mit genau diesen Spielern und Teams. Wen der Thread hier also anspricht, sollte auf jeden Fall dieses Buch lesen!

Schöner Thread, mach' weiter! :)
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Tomminator4real

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Re: Fußballgeschichte: (fast) vergessene Stars
« Antwort #4 am: 13.März 2013, 15:07:27 »

2. Lew Jaschin   *22.10.1929- 20.3. 1990



Auch wenn der Name Lew Jaschin noch unvergessen bleibt, so lässt sich für viele sicher nicht so viel mit ihm anfangen. "Welttorhüter des 20. Jahrhunderts" oder Europameister 1960 werden die meisten mit ihm verbinden. Doch von seiner Interpretation des Torwartspiels wissen sicher wenige 40 Jahre nach seinem Karriereende Bescheid. Doch damit ist jetzt Schluss!  Beschäftigen wir uns zunächst chronologisch mit der Karriere des größten Torhüters 1900-2000.
Lew Jaschin war als Jugendlicher ein absoluter Allroundsportler. Er spielte Basketball, Schach, Eishockey, Fußball und viele andere Sportarten. Mit 15 wurde er dann von Dynamo Moskau entdeckt, wo er zunächst als Mittelstürmer, kurze Zeit später aber im Tor spielte.
Bis zu seinem 23. Lebensjahr war er allerdings nur Ersatztorwart des Vereins, weshalb er es sich leistete, im Winter bei seinem Eishockeyverein weiterhin das Tor zu hüten. Dies sollte sich positiv auf seine Torwartfähigkeiten auswirken.
Als er dann Stammtorwart bei Dynamo wurde, gewann er auf Anhieb die Meisterschaft und den Pokal. Schnell wurde er auch Stammtorwart der Nationalmannschaft, mit welcher er 1956 Olympiasieger wurde. Bei der WM 1958 schied die UDSSR zwar schon im Viertelfinale aus, Jaschin wurde aber zum besten Torhüter des Turniers gewählt. 1960 wurde die UDSSR dann erster offizieller Sieger der Europameisterschaft.
Bei der WM 1962 in Chile zeigte sich bereits, dass Jaschin eine lebende Legende war. Das Publikum feierte ihn frenetisch und sein Torwartspiel erreichte seinen Höhepunkt.
1963 war wohl das stärkste Jahr des Lew Jaschin. In der sowjetischen Meisterschaft musste er in 27 Spielen nur ganze 6 Gegentore zulassen. Er wurde am Ende des Jahres dann auch als erster Torwart "Europas Fussballer des Jahres".
Als Jaschin 1971 mit einem Abschiedsspiel seine Karriere beendete, kamen 104000 Zuschauer ins Stadion.
Nach seiner Karriere wurde Jaschin Vorsitzender von Dynamo Moskau und Vizepräsident des sowjetischen Fußballverbandes.

Jaschins Torwartspiel
Wie vielleicht einige von euch im anderen Thread gelesen haben, war Grosics der erste ernsthafte Vertreter des mitspielenden Torhüters.
Jaschin trieb diese Entwicklung in die Spitze. Da er als Kind und Jugendlicher viel Schach spielte, erkannte er, wie wichtig es ist, die Spielzüge des Gegners und auch der eigenen Mannschaft vorauszusehen. Deshalb gibt es wohl keinen Torhüter, der je Jaschins Antizipation erreichte. Wenn Jaschin herauslief, hatte er den Ball so gut wie immer  (allerdings hatte er bei einer WM, welcher weiß ich nicht mehr, eine Comedy-Einlage gegen Kolumbien. Jaschin spielte dort so schlecht wie nie).
Doch Jaschin setzte auch offensive Akzente. Er leitete viele Spielzüge seines Teams ein und war sich nicht zu schade, weit außerhalb des Strafraums zu dribbeln und schließlich einen tödlichen Pass zu spielen. Daher half Jaschin auch oft als zusätzlicher Mann in der Abwehr aus.
Doch auch auf der Linie waren Jaschins Fähigkeiten absolut beeindruckend. Der "schwarze Panther" oder auch die "schwarze Spinne" , wie er genannt wurde, verfügte über übernatürliche Reflexe. Dabei half ihm seine Erfahrung als Eishockeytorhüter. Unter den "10 greatest saves" findet sich Jaschin 2 mal. Ein weiteres Kriterium, Jaschin als den besten Torwart aller Zeiten zu sehen, ist seine Konstanz. Bis ins hohe Alter von 39 Jahren war er absolut Weltklasse.
Zuletzt sprechen auch Zahlen für sich: Wie erwähnt schaffte er es 1963 in 27 Ligaspielen nur 6 Gegentore zuzulassen.
Von seinen insgesamt 813 Pflichtspielen blieb er fast 500 mal ohne Gegentor. In 74 Länderspielen kassierte er 70 Gegentore.
Diese Zahlen sind für einen Torwart in den 50er und 60er Jahren unglaublich und von anderen Weltklassetorhütern nicht einmal ansatzweise erreicht.

Ich werd eine neue Umfrage starten. 2 Leute werden hinzukommen: Helmut Rahn- "Rahn müsste schießen, er schießt....." war das alles?!     und Viktor Maslow: Erfinder des modernen Fussballs
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DVNO

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Re: Fußballgeschichte: (fast) vergessene Stars
« Antwort #5 am: 13.März 2013, 15:16:31 »

Wo hast du denn das Wissen über die Spieler her?
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Tomminator4real

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Re: Fußballgeschichte: (fast) vergessene Stars
« Antwort #6 am: 13.März 2013, 15:20:32 »

Hier und da aufgeschnappt. Zum einen hab ich diverse DVDs, zum anderen Bücher und schließlich Youtube :D  . Sind viele verschiedene Quellen die ich da nutze. Vielleicht bau ich mal in meine Beiträge mal Quellenangaben mit rein, damit das noch glaubwürdiger wirkt :D
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DVNO

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Re: Fußballgeschichte: (fast) vergessene Stars
« Antwort #7 am: 13.März 2013, 15:24:03 »

Also paraphrasierst du nicht Wikipedia-Artikel? :D


Gefällt mir.
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Tomminator4real

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Re: Fußballgeschichte: (fast) vergessene Stars
« Antwort #8 am: 13.März 2013, 15:25:56 »

Die nutze ich meistens, wenn ich schnell nen Überblick haben will, wann welcher Erfolg erreicht wurde und sone Sachen. Wobei die meisten Wiki Artikel wirklich ziemlich gut sind. Bei Jaschin ist zum Beispiel sein Torwartspiel richtig gut erklärt. Allerdings haperts bei den Wikiartikeln mit den Zahlen manchmal :D
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smedhult

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Re: Fußballgeschichte: (fast) vergessene Stars
« Antwort #9 am: 13.März 2013, 18:28:27 »

Jaschin rauchte im Übrigen wie eine Lokomotive, vorrangig amerikanische Zigaretten.  ;D

Sehr schöner Artikel.
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Tomminator4real

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Re: Fußballgeschichte: (fast) vergessene Stars
« Antwort #10 am: 13.März 2013, 18:30:01 »

Ja und irgendwann waren Jaschins Beine aufgeraucht....................................
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Tomminator4real

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Re: Fußballgeschichte: (fast) vergessene Stars
« Antwort #11 am: 28.März 2013, 00:40:08 »

Helmut Rahn, der "Boss"


Helmut Rahn ist wohl der einzige Spieler, dessen Karriere scheinbar auf ein einziges Tor reduziert wird. Doch Helmut Rahn hatte mehr zu bieten. Viel mehr. Und damit meine ich nicht die Skandale um Gefängnisaufenthalte, Trunkenheit am Steuer usw. Die gehörten sicher dazu, doch Helmut Rahn hat immerhin 15 Jahre lang hochklassigen Fußball gespielt.
Skizzieren wir kurz seine Karrierestationen: Mit 22 Jahren begann Helmut Rahn bei Rot-Weiß Essen das erste mal in einem hochklassigen Verein zu spielen, nachdem er zuvor in Katernberg und Oelde auflief. Rahn lief dabei mehrere Positionswechsel durch: Als halbrechter konnte er nie überzeugen, weshalb er Mittelstürmer wurde. Dort glänzte er in Oelde und schoss in einer Saison 52 Tore. Rein zufällig kam er dann zu seiner Stammposition als Rechtsaußen, nachdem der etatmäßige Außenspieler kurzfristig ausfiel. Seitdem hat Rahn diese Position nie wieder verlassen.
Rahn spielte also von 1951- 1959 bei Rot-Weiß Essen, 1951 debütierte er auch sofort in der Nationalmannschaft. Anschließend spielte er ein Jahr in Köln, ehe er 1960-1963 im Ausland spielte, für Enschede in Holland. Schließlich kehrte er zum Start der Bundesliga 1963 nach Deutschland zurück und spielte für den Meidericher SV (Duisburg). Er war der erste Bundesligaspieler, der vom Platz flog  :police:
1965 beendete ein Achilessehnenriss seine aktive Karriere.
Auf Vereinsebene war Rahn sehr erfolgreich.
1953 gewann Essen den DFB Pokal, 1955 besiegte man Kaiserslautern (wenn auch umstritten) im Endspiel der deutschen Meisterschaft. Doch eine Südamerikareise 1953 machte Rahn das erste mal international bekannt. Rot Weiß Essen spielte gegen die Traditionsvereine Südamerikas (Boca Juniors in Argentinien, Penarol in Uruguay, Bolivar in Bolivien und einige mehr) und man schlug sich dort wirklich hervorragend. Den Essener Spielern wurden hochkarätige Angebote gemacht, die Mannschaft wär sozusagen von dieser Reise stark dezimiert zurückgekehrt. Letztlich ging aber kein Spieler auf die Angebote ein.
In der Nationalmannschaft lief es für Helmut Rahn bis zur WM 54 nicht nach Maß. Ihm wurde vorgeworfen, nicht mannschaftsdienlich genug zu spielen und so war zu Beginn der WM der Schalker Berni Klodt als Rechtsaußen gesetzt. Helmut Rahn reagierte darauf auf seine Art: er schlich sich mit einigen frustrierten Mannschaftskollegen hinaus und macht die Kneipen in Spiez unsicher.
Herberger wusste davon- und setzte Rahn im zweiten Gruppenspiel gegen Ungarn (3: 8) ein, Rahn traf. Ab dem Viertelfinale gegen Jugoslawien war Rahn dann wieder als Rechtsaußen gesetzt. Er traf auf seine unnachahmliche Art und Weise zum entscheindenden 2:0.
Gegen Österreich (6:1) traf Rahn zwar nicht, war aber von den Österreichern nur per Fouls zu stoppen, was Deutschland einen Elfmeter einbrachte und auch sonst war er wie die gesamte deutsche Mannschaft in Höchstform. Im Endspiel war er dann Matchwinner, als er das Tor von Morlock ( wenn auch ungewollt) vorbereitete und die beiden anderen selbst schoss.
Anders als viele andere Nationalspieler konnte Rahn mit dem WM Titel trotzdem gut umgehen. Spielerisch hatte er noch nicht annährend seinen Höhepunkt erreicht.
Auch die deutsche Meisterschaft 1955 sollte nicht das beste Jahr für ihn werden. Nach seinem ersten Gefängnisaufenthalt 1957 rechnete niemand mehr, dass Rahn jemals wieder an sein Leistungsniveau erreichen konnte. Doch er hatte im Fußball 2 Personen , die ihm in solchen Situationen aufbauen konnten. Fritz Walter und Sepp Herberger.  Mit Fritz Walter verband Rahn eine lebenslange Freundschaft. Als Zimmernachbar sollte Rahn den ab und zu grübelnden, pessimistischen Fritz Walter wieder aufbauen, amüsieren, zum Lachen bringen. Rahn galt als Stimmungskanone der Mannschaft und als Optimist. Sein Spitzname "Boss" rührt daher, dass er auch bei hohem Rückstand die Mannschaft pushte, weiterzumachen.
Auch wenn das Verhältnis zu Sepp Herberger stets wechselhaft war und es 1961 zum Bruch zwischen ihnen kam ( kurz vor Herbergers Tod kam es zur Versöhnung), wusste Herberger, was er an Rahn hatte. Er berief Rahn weiterhin für die Nationalmannschaft und 1958 sollte Rahn dann den Höhepunkt seines Schaffens erreichen.Bei der WM 1958 in Schweden war Rahn bester deutscher Spieler. Er erzielte 6 Tore und brachte Deutschland fast im Alleingang ( im wahrsten Sinne des Wortes) bis ins Halbfinale.
So, und was Fußballdeutschland wohl vergessen hat: Rahn war neben Fritz Walter wohl der einzige Spieler der WM- Mannschaft von 54 dem das Prädikat "weltklasse " gegeben werden kann, denn: 1958 wurde er hinter Raymond Kopa aus Frankreich zweiter bei der Wahl zu "Europas Fußballer des Jahres" . Daraus wurde viel später der "Balon D'Or". Rahn war also zweitbester Spieler Europas, und, wenn man Pele, Garrincha und di Stefano weglässt , der zweitbeste Fussballer der Welt.
Der Franzose Just Fontaine, mit 13 Toren Torschützenkönig bei der WM 1958 wurde mit Rahn verglichen: Die Medien fragten sich, wer wohl der bessere Stürmer sei. Dies wurde in einem Länderspiel 1959 zwischen Deutschland und Frankreich klar beantwortet: Fontaine zeigte, dass er Raymond Kopa brauchte, um knipsen zu können. Kopa war aber leider in diesem Spiel nicht anwesend und so bot Fontaine ein recht jämmerliches Bild, während Rahn Spieler des Tages wurde. Es war also entschieden: Rahn war der beste Goalgetter der Welt. Und das nicht als Mittelstürmer, sondern als Rechtsaußen.
Rahn hätte wohl auch an der WM 1962 teilgenommen, doch kam es 1961 zum Bruch mit Herberger. Rahn hat den Bogen überspannt: Obwohl in Holland aktiv , nominierte ihn Herberger trotzdem für die Nationalmannschaft, für Spieler im Ausland eigentlich ein absolutes No-Go zu dieser Zeit. Rahn war sogar einige Spiele Kapitän. Doch der Alkohol schlug wieder zu und diesmal war Herberger das zu viel. Rahn machte gegen Portugal 1961 sein letztes Länderspiel und traf - selbstverständlich. In 40 Länderspielen schoss er 21 Tore

Rahns Spielweise
Rahm war wie gesagt ein Lebemann, Optimist und Spaßvogel. Deshalb war er auch ein eher egoistischer Spieler. Ein Robben sozusagen. Nun, so egoistisch war er dann doch nicht, zumindest konnte er dies im späteren Verlauf der Karriere ein klein wenig abgewöhnen.
Was machte ihn aber zum besten Rechtsaußen seit Stanley Matthews?
Dazu geb ich mal mein ganz eigenes Urteil ab:
1. Rahns Schusstechnik: Rahn ist der beste Distanzschütze aller Zeiten. Wenn er traf, war das meist außerhalb des Strafraums. Wenn er traf, was das meist ein Traumtor. Ist so. Rahns 10 WM-Tore sind bis auf 2 sehr sehenswert. Das 2:0 gegen Jugoslawien 1954 sowie ein Tor gegen Argentinien 1958 waren Distanzschüsse in den Winkel, schlichtweg unhaltbar. Es stimmt, Rahn schoss im Spiel 15 Mal aufs Tor und 13 Mal ging der Ball halt daneben. Aber Rahn versuchte es. Das imponierte Herberger sehr.
2. Rahns Statur. Rahn war vielleicht ein klein wenig...... kräftig gebaut, aber Rahn war dadurch ein extrem wuchtiger Spieler. Seine Statur ist sehr gut mit Ted Drake zu vergleichen, Englands Top-Mittelstürmer in den 20ern und 30er Jahren.
3. Rahns Schnelligkeit:  Trotz seiner paar Kilos Übergewicht war Rahn zusammen mit Horst Eckel der schnellste Spieler der deutschen Mannschaft. Zudem war Rahn auch technisch beschlagen, machte also als Flügelflitzer immer eine gute Figur.
4. Rahns Ego: Es gibt einen Spruch, ich glaube von Ray Emerson stammte der: "Denke an das, was andere nicht zu denken wagen". Das dachte sich wohl auch Helmut Rahn. Er war so selbstbewusst, dass er eben Dinge tat, die andere deutsche Spieler nicht taten-. Dazu gehören die 15 Torschüsse pro Spiel, das Abziehen 35 Meter vorm Tor ( die dann auch ein paar mal drin waren, siehe Argentinien 1958) und das Ausspielen von 4 Gegenspielern. Von einem deutschen Spieler war man sowas schlichtweg nicht gewohnt, Rahn war also ein außergewöhnlicher bzw. ungewöhnlicher Spieler, der seinen Gegner stets überraschen konnte.
Zu seinen spielerischen Schwächen gehörten sein Kopfballspiel ( bzw. so etwas besaß er nicht), seine wie gesagt eher egoistische Spielweise und das Weigern, nach hinten zu arbeiten. Man wird in keinem Spiel einen defensiv-zweikampf von Rahn sehen, auch in der eigenen Spielhälfte war Rahn eher selten. Kennern dämmert da etwas: Genau, Rahn entsprach damit genau dem Bild des typischen Flügelstürmers der 20er Jahre in England. Sogar Stanley Matthews war da "moderner". Deshalb wird Rahn auch manchmal als letzter traditioneller Flügelstürmer der Fußballgeschichte beschrieben.

Wer demnächst folgt: Ich will keine Umfragen mehr machen, schreibt einfach mal ein paar Namen , die euch so einfallen und ich picke mir dann welche heraus ;)
« Letzte Änderung: 28.März 2013, 01:51:19 von Tomminator4real »
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Re: Fußballgeschichte: (fast) vergessene Stars
« Antwort #12 am: 28.März 2013, 08:29:44 »

Mein (1.) Vorschlag:

George Best.
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IF you're managing a lower league team where the crowd is a man and a dog, FM replicates the stadium atmosphere with .... silence.

(R)Auf die Blaue !

smedhult

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Re: Fußballgeschichte: (fast) vergessene Stars
« Antwort #13 am: 28.März 2013, 16:53:38 »

Arthur Friedenreich
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