Beide Programme stoßen irgendwann an ihre (KI-)Grenzen, zumindest offline. Die soll sich im FM 2014 noch mal gebessert haben. Jedenfalls: Ein menschlicher Spieler baut in beiden immer bessere Kader, im "Fussball Manager" war bis zum ca. FM 11 sogar der menschliche Spieler der einzige, der überhaupt seine Gelände ausbaute (und dann diese linearen Boni pro Gebäude erhielt). Irgendwann bist Du in vielem besser, irgendwann setzen sich teilweise sogar überragende Fähigkeiten von Einzelspielern selbst gegen taktische Anweisungen durch, die sie isolieren: schau Dir mal an, wie viele Dribblings ein Reus, Götze, Ribery oder Robben auf ihrem Niveau machen (in unteren Ligen natürlich ebenso). Ein Fernbums von Kroos, wenn Deine Anweisungen ihn ohne Anspielstation lassen, kann trotzdem spielentscheidend sein. Und in ein tiefes Loch, in dem man den Hurrastil mal besser eintütet und schmutzig wieder Punkte einfährt, fällt man auch eher seltener. Genauso wenig wie Spiele in der Tendenz immer weniger eng werden - und Zeitspiel- und Hinhaltetaktiken in den letzten Minuten dann keinen Sinn machen, weil es eh schon 3:0 steht. Leider finde ich das teilweise ebenfalls etwas einseitig: Denn im FM gilt, je besser die Kader, desto einfacher wirds - dabei sollten Starensembles ihre ganz eigenen Herausforderungen haben, es muss ja nicht gleich wie damals beim FC Hollywood sein (auch wenn es bei den entsprechenden Persönlichkeitswerten ziemlich spannend wäre). Apropos, schon mal über eine Online-Liga nachgedacht?
Es gibt für mich zwei Hauptunterschiede zwischen den Programmen, die die Stärke des Football Managers ausmachen:
Der erste: Das eine Programm hat im Kern eine halbwegs vernünftige Sportsimulation, die reflektiert, was man tut. Das andere nicht. Transfers, Training (langfristige Attributentwicklung, Spielvorbereitung), Taktik haben ein klaren, transparenten Einfluss. In Spielen der "Anstoss-"Schule, und das ist der Fussball Manager nun mal gewesen, brauchst Du Dir gar nicht groß zu überlegen, ob ein Robben, der immer nach innen zieht, in Dein System passt. Oder ob er infrage kommt, wo er doch gerne wochenlang mehr beim Doktor als auf dem Platz verbringt. Oder ob De Jong eine gute Idee ist, wo er sich doch schnell mal früh im Spiel bereits die erste Gelbe einfängt. Auch wirst Du kaum erkennen, wie sich die Schwächen und Vorlieben transparent durchschlagen, sowohl in Deinen eigenen als auch in den Spielen um Dich herum, die Du ebenfalls psychologisch versuchen kannst, zu beeinflussen:
http://i.imgur.com/It838KL.png Du kaufst Spieler der Stärke 1-7, pardon, 1-99. Und das wars im Großteil. "Wichtig ist aufm Platz" stand lediglich als Zwischenüberschrift in deutschen Tests zum Spiel, die sich bis zum letzten Jahr kaum jemals damit auseinandersetzten, was "aufm Platz" wirklich passiert.
Der restliche Einfluss ist minimal bis kaum erkennbar. Der Oldschool-Textmodus aus vorgeschriebenen Textblöcken ausschließlich zu Spielhighlights, die Team A aus welchem Grund auch immer gegen Team B gerade zugeschrieben bekommt. Die umgemodelte FIFA-Engine, in der sich eine FIFA-KI selbst an die Gurgel geht, in der beide Teams zweimal fünf Minuten praktisch nur nach vorne Spielen, völlig egal, was man anweist. Spieler explizit für ein System einkaufen ist hier komplett sinnlos, denn der Einfluss auf einen Spielstil ist kaum gegeben. Und auch wenn es mehr "Drumherum" gibt, so hat es einen Grund, warum die Reihe im Ausland zum Teil ziemlich abgewatscht und kein großes Standing hatte. Denn Transfers, Kadermanagemnt, Training und Taktik sind eben in jedem Managerspiel Kernelemente. Oder anders: Der eigentliche Fußball kann in so einem Spiel schwer "bloß" ein optisches "Gimmick" sein, das gar nicht oder eingeschränkt aufs eigene Handeln (und das der KI) reagiert. Eine Datenbank mit zig Attributen ist nur dann kein Datenfriedhof, wenn das Spiel sie auch "zum Leben erweckt" -- selbst wenn Du in einem KI-Spiel Gylfi Sigurdsson in der Torschützenliste siehst und das Tor anklickst, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, einen Fernschuss oder einen direkt verwandelten Freistoß zu sehen:
http://www.youtube.com/watch?v=jwdIS587VusDer zweite: Du bist nicht der Mittelpunkt der Spielwelt, um den sich alles dreht. KI-Manager können und machen alles, was Du auch kannst.
Sie liefern sich Psychoduelle vor Derbies,
http://i.imgur.com/KKvf0IV.pnggehen innige Liebesbeziehungen mit ihren pflegeleichten Lieblingsspielern ein:
http://i.imgur.com/Z7G3FHX.jpgVersuchen, den Mario zu verunsichern:
http://i.imgur.com/USbphWI.pngSie stürmen aus PKs, umgarnen öffentlich Spieler, und machen auch dann noch weiter, wenn Du gerade nicht hinschaust oder gerade durch Deinen Nachfolger ersetzt wurdest. Alles wird simuliert, sowohl abseits als auch auf dem Platz. Immer was los hier.
Ich verstehe den Reiz des alten Anstoss-Konzepts auch. Wenn Dir dieses "Gesamtpaket" trotzdem fehlt, und es Dir keinen Spaß macht, nachzuvollziehen, wie sich Deine Kopfballungeheuer durchsetzen, auf die Du Flanken kloppen lässt (und Ähnliches), oder zu beobachten, wie sich diese vermeintliche Excel-Tabelle, diese riesige Datenbank auch wirklich "regt", bleibt Deine Hoffnung, dass Sports Interactive nicht versuchen, auch noch den deutschen Markt zu erobern. Eigentlich den einzigen, den sie nicht im Griff haben. Vielleicht kommt da noch mal was, jetzt, wo der "Fussball Manager" weg vom Fenster ist. Denn im Prinzip hat Deutschland jetzt zum ersten Mal seit mindestens dem ersten Bundesliga Manager niemanden mehr, der einen klassischen Manager entwickelt. Unglaublich!
Trotzdem gibt es dank der vernünftigen Spielsimulation für mich wesentlich interessantere Reize. Aktuell prüfe ich zum Beispiel, ob der Stammtisch recht hat: dem Nationalteam würden die Wadenbeißer, "echte Typen" und Effenbergs fehlen. Also habe ich die Götzes, Kroos' und Özils alle nach Hause geschickt, und durch Wuchtbrummen wie Huths Robert ersetzt - selbt Kuranyi und Ballack ließen sich zum Comeback überreden. Presse und Fans reagierten entsetzt, nach den ersten errumpelten Siegen gab es gleich bei der ersten Niederlage Druck, unter anderem wurde über den Rumpelfußball gemeckert. Aber Schland fährt zur EURO 2012: Und dann kann Pirlo sich warm anziehen, wenn er von Kroos und Özil keinen Geleitschutz bekommt, sondern von den Bendertwins in die Kneifgrätsche genommen wird.