und genau deshalb ist es wichtig, dass es Ultras gibt
Mei, das Ultra-Thema! Schwierig!
Zum einen ist das für mich ein Haufen Hampelmänner, denen es meistens ziemlich egal ist, was auf dem Spielfeld stattfindet und auch den Support eher selten dem Geschehen anpasst, aber zum anderen sind das halt auch genau die Leute, die (fast) immer und überall da sind und deren optischer Support sehr viel ausmacht und den Besuch von Fußballspielen in oberen Ligen heute noch in vielen Fällen lohnenswert macht.
Ich selber bin ja jahrelang mit den Löwen quer durch die Republik gegurkt und konnte weder mit unseren noch den gegnerischen Ultras viel anfangen, weil sie einfach nicht nötig waren, um für Stimmung und lautstarke Unterstützung zu sorgen; das ging auch ohne Ultras und meist sogar viel besser, weil eben keiner vorne auf einem Podest oder auf dem Zaun stand, um dem Rest vorzugeben, was er zu singen hat. Es gab eine eigene Dynamik und jeder konnte das Maul aufmachen und grölen, was er gerade wollte - und daraus entstand der legendäre Roar! Heute hingegen wirst Du gleich schief angeschauen und in die Schranken gewiesen, wenn Du mal wagst, ein eigenes Lied anzustimmen, das nicht vom Cappo kommt. Wo samma denn? Wo ist denn da die vielfältige Fankultur und Toleranz geblieben, die gerade von Ultras ja so sehr gepredigt und gefordert wird?
Andererseits hat sich das Fußballpublikum (gerade im Profibereich) so sehr gewandelt, dass Fans, die nicht zum Popcorn-Fressen und Cola-Trinken in die Arenen (o tempora, o mores...) strömen, sondern tatsächlich die Mannschaft unterstützen wollen, immer weniger werden, weil sie sich einfach zwischen zwei Welten (Ultras und Eventpublikum) gefangen fühlen. Ich kenne so viele Leute, die keinen Bock mehr auf Profifußball haben, weil leidenschaftlicher Support nicht mehr möglich und - zumindest hat man den Eindruck - auch seitens der Vereine gar nicht mehr gewünscht ist.
Die Vereine müssen lernen, dass das Eventpublikum kommt, weil es etwas geboten bekommen möchte, das im Regelfall über das Geschehen auf dem Platz hinausgeht. Und das ist nicht nur das Catering (das meistens eh Katastrophe ist...) oder der superdupertolle Fanshop (mit dem zwanzigsten furchtbar designten Schal) oder völlig deplatzierte Cheerleader, sondern das Drumherum und die Choreos - und da kommen halt wieder die ach so bösen Ultras ins Spiel...
Ihre (vor allem optischen) Aktionen sind doch das A und O heutzutage, oder? Und wenn ich mir dann im TV von einem bescheurten ZDF-Heini anhören muss, dass "sogenannte Fans" eine "Rauchbombe" (ja genau...) angezündet haben, nur weil mal wieder irgendwo ein Bengalo ausbrennt, dann könnte ich kotzen. Wenn sowas in der Türkei, Griechenland oder Brasilien passiert, dann schwärmen sie von "südländischer Atmosphäre", aber hier sind es nur Verbrecher, die sowas machen. Heuchler!
Aus meiner Sicht müssen die Vereine auf die Ultras zugehen und sie einbinden (aber nicht in ihrer Kreativität und Meinungsfreiheit beschneiden) und die Ultras müssen bereit sein, Zugeständnisse zu machen, von ihrem hohen Ross runterkommen und andere Formen des Fantums akzeptieren und respektieren. Fußball- und Fankultur gab es schon vor den Ultras!