Also ich finde, dass die Fan-Seite gewaltig überreagiert und das will was heißen, schlage ich mich doch normalerweise zu gerne auf die Seite des Volkes gegen "das System" oder "Strukturen".
Natürlich darf die Sinnhaftigkeit so eines Konzeptes gerne hinterfragt werden. Da waren der Platzsturm in Düsseldorf, die Ausschreitungen in Karlsruhe, die Krawalle von Berliner und Kölner Fans, die Auseinandersetzungen beim Dresden-BVB-Spiel usw. Bekämpft das Sicherheitskonzept diese Dinge nachhaltig? Natürlich nicht. Das Konzept ist einfach nur irgendeine Alibi-Maßnahme, die der Öffentlichkeit suggerieren soll, dass die DFL nicht tatenlos dabei zusieht, wie die Berichterstattung über Gewalt im Stadion zunimmt. Achso und um ein Missverständnis hier gleich mal aus dem Weg zu räumen: Gewalt umfasst nicht nur Gewalt gegen Personen (weil ja so gerne Verletzungsstatistiken angeführt werden), sondern Gewalt umfasst auch Sachbeschädigung und dergleichen. Wenn ich mit meiner neuen Winterjacke, die 140€ gekostet hat, ins Stadion gehe und irgendein Arschloch sein Bengalo neben mir anzündet, was zu Brandflecken auf der Jacke führt, bin ich doch auch der Dumme. Genauso ist es mit den Schäden die sowohl im Stadion angerichtet werden, als auch mit dem Image-Schaden für Vereine, der ihrer Fähigkeit als Werbeträger schadet. Ein Deutsche Bahn-Öffentlichkeitssprecher mahnte mal an, dass er nie wieder Bilder von maskierten Schlägern und DB-Logo im Hintergrund sehen möchte, sonst werde über Konsequenzen nachgedacht.
Wie auch immer, das Papier ist letztendlich ein Konzept. Ich weiß nichtmal wie verpflichtend dabei alles ist, vermutlich hat sich im Vergleich zu bisher absolut gar nichts geändert, aber jetzt gibt es irgendein niedergeschriebenes Papier, das alle Vereine auf die berühmte gleiche Linie bringen soll. Und dafür machen die Fangruppen so einen Aufstand? Das verstehe ich nicht so recht.
Zum Inhalt:
-schärfere Kontrollen. Also wer das als Schikane brandmarkt ist wohl noch nie mit dem Flugzeug geflogen. Herrje, dann dauert das Anstehen eben etwas länger, solange freundliche Sicherheitsdienste die Arbeit übernehmen ist mir das völlig egal. Ganz ausziehen würde ich mich natürlich auch nicht (das halte ich auch für eine rechtswidrige Verfügungsmaßnahme beim Besuch einer öffentlichen Veranstaltung - Hausrecht hin oder her), das wird aber auch nicht gefordert. Intensivuntersuchungen passieren auch dauernd am Flughafen, abgetastet wird mensch auch beim Konzertbesuch...da schreit auch niemand Schikane. Und klar bringen schärfere Kontrollen immer etwas, sehr viel mehr als härtere Strafen.
-Eingrenzung des Gästekontingents bei Risikospielen. Kann ich teilweise verstehen. Smonan, du selbst hast doch die Forderung gestellt, Busse zu filzen. Das geht doch viel einfacher, wenn nur 5 statt 10 Bussen anreisen. Auch die Züge lassen sich leichter überwachen, wenn nur noch die Hälfte der Gästefans mitfährt. Allerdings halte ich die Stigmatisierung der Gästefans für problematisch. Es ist ja nicht so, dass Fangruppen nur bei Auswärtsspielen ihrer Mannschaft randalieren. Da wäre ich im Zweifel auch lieber bei 10% geblieben. Allerdings soll das wohl ein Zugeständnis an die Polizei sein, die mit 40% ihrer Einsatzbereitschaftskräfte nur noch Fußballspiele abdeckt.
Übrigens ist es nicht so, dass Heimmannschaften willkürlich das Gästekontingent einstampfen können, das muss von der DFL genehmigt werden. Ob diese den Heimmannschaften bedingungslos hörig ist, bezweifel ich mal, da die andere betroffene Mannschaft ja ebenfalls Mitglied der DFL ist.
-Konsequentere Stadionverbote. Das halte ich noch für den problematischsten Punkt. Ich denke, dass Leute mit Stadionverbot in ihrer Szene fast schon glorifiziert werden, zu Märtyrern aufsteigen. In diesem Falle bringt die Maßnahme nur wenig. Da sollte sich die DFL mal andere Konzepte einfallen lassen. Längere Stadionverbote helfen da auch gar nichts.
-Videoüberwachung im Stadion. Das ist ja heute schon oft üblich. Solange es räumlich sehr sehr eng nur auf das Stadion begrenzt ist, habe ich wenig dagegen. Es ist ein Zugeständnis für die Aufklärbarkeit von Straftaten direkt im Stadion, das mensch für 120 Minuten über sich ergehen lassen kann. Generelle Videoüberwachung ist natürlich entschieden abzulehnen, aber ich kann auf Demos mittlerweile auch damit leben, gefilmt zu werden oder in Kaufhäusern etc.
-Professionalisierung der Ordnerdienste. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, wie ich finde. Der sollte auch schnell durchgesetzt werden. Ich kenne mich mit Ordnerdiensten von Fußballvereinen nicht aus, aber erstens häufig sich da sehr auffällig die negativen Erfahrungsberichte und dann habe ich auch schon so meine Erfahrungen mit Sicherheitspersonal auf Konzerten, Festivals und anderen öffentlichen Veranstaltungen. Viele davon machen einen guten Job, besonders auf Festivals ist oftmals Profipersonal anwesend, dass freundlich und bestimmt unauffällig und rechtmäßig seinen Dienst verrichtet. Auf Konzerten sieht die Sache ganz anders aus. Da finden sich häufig unterbezahlte, gewaltbereite Menschen wieder, für die der Sicherheitsdienst eine kleine Nebenbeschäftigung ist, um nicht auf der heimischen Couch zu versauern. Gerade in Berlin gibt es 2 Sicherheitsfirmen, die ihre Mitarbeiter sehr mies bezahlen, dementsprechend ist die Ausbildung der Mitarbeiter. Von überflüssiger/rechtswidriger Gewaltanwendung, über Beleidigungen bis hin zum völligen Verlust über Sicherheitssituationen (Loveparade Duisburg, in kleinerem Ausmaß auch schon öfter auf anderen Parties erlebt). Sicherheitsdienstmitarbeiten im Bereich der Stadionsicherheit müssen natürlich sowohl politisch als auch strafrechtlich durchleuchtet werden und Schulungen und Fortbildungen erhalten.
Es wäre sinnvoll gewesen in diesem Konzept auch auf die Rolle der Polizei einzugehen. Auch die Polizei besteht wie die Fanszene zum Teil aus Prügelknaben oder Arschlöchern, die die Stimmung mit Provokationen gerne mal anheizen. Ich war noch nie bei einem Bundesligaspiel, aber wieso sollten die Bereitschaftspolizisten auf Demos großartig anders sein als bei Fußballspielen.
Jedenfalls kann abschließend festgehalten werden, dass da viel Wind um Nichts gemacht wird. Das Konzept ist nicht mehr, als der Name schon sagt: ein Konzept eben, in der Praxis wird sich zu dem jetzigen Stand nicht viel ändern, wenn überhaupt. Dafür gehen Fangruppen massiv auf die Barrikaden, wobei ich mir unweigerlich die Frage stelle, wieso das überhaupt so ist. Die Einschränkung im Gästekartenkontingent mal außen vorgelassen, was zur Hölle ist denn so schlimm an diesem Konzept? Warum sprechen viele vom Untergang irgendeiner Fankultur? Das ist einfach maßlos übertrieben, wenn mensch bedenkt, was Schünemann und seine Cowboys in Erwägung gezogen haben, nämlich die Abschaffung der Stehplätze und lebenslanges Stadionverbot, dann sind die Fans doch mit der jetzigen Version des Konzeptes extrem gut weggekommen. Es gibt kein Argument gegen schärfere Kontrollen, wenn immernoch gerne mal Bengalos und Böller im Stadion gezündet werden. Die Wut über nervige Kontrollen sollte doch nicht auf den Verein oder die DFL, sondern vor allem auf die Unruhestifter bei den Fans gelenkt werden. Die sollen den kindischen Blödsinn mit diesem Feuerwerksgezündel einfach mal eine Weile lassen. Wenn der Fußball selbst noch nicht spannend genug ist, um Spaß im Stadion zu haben, dann sollten einige mal lieber darüber nachdenken, sich das ein oder andere Football-Spiel anzuschauen und die Sportart zu wechseln
