So, dann will ich auch mal.
Bisher habe ich nur eifrig gelesen und versucht zu verstehen. Und dann dachte ich mir, eine Story gibt evtl. die Motivation, länger als üblich an einem Save zu spielen um noch besser zu verstehen. So kam es also zu…..
Ellie Diesel – oder wie ich lernte Dresden zu lieben
Kurzentschlossen bugsiere ich meinen betagten Volvo 850 in die sich überraschend auftuende Parklücke. Glück muss man haben, immerhin ist ein Taxistand in der Nähe. Das Weiterkommen ist also gesichert. Blöde Tankuhr. Zeigt alles Mögliche an, nur nicht den korrekten Tankinhalt. So ein Mist. Egal, dann halt mit dem Taxi. Anhand des Gehänges am Rückspiegel mutmaße ich, dass der Fahrer wohl aus dem indischen Kulturkreis kommt. Auf meine Bitte, mich direkt und schnellstmöglich zum Großen Garten zu bringen, reagiert er mit einem unverständlichen Gemurmel gefolgt von einem Grinsen in der Farbe eines Marders. Die Fahrt zieht sich. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so weit von meinem eigentlichen Ziel entfernt meinen Volvo abgestellt habe. Verdammt. Ich hatte doch in der Hektik glatt vergessen, mir die Straße zu merken, wo der Gute auf mich wartet. Na das kann ja noch was werden! Egal, wir bewegen uns vorwärts, zumindest schaukelt der altertümliche Peugeot 404 so, als ob er fahre. Sehen kann ich nur sehr verschwommen. Das liegt am Qualm, der mir die Sicht raubt. Rauchertaxi. Was immer der Fahrer auch qualmt, legal kann es nicht sein. Wahrscheinlich hat er sich Emissionszertifikate gekauft und raucht diese jetzt ab. Schemenhaft glaube ich im vorbeifahren meinen Volvo zu erkennen. Der Kerl wird hier doch nicht im Kreis fahren? Schließlich kommen wir doch noch an. Mit tränenden Augen entrichte ich meinen Obolus, der Fahrer lächelt hintergründig und entlässt mich mit einem aufmunternden Nicken in die Freiheit. So, da stehe ich also vor dem Rudolf-Harbig-Stadion, meiner neuen Wirkungsstätte. Gegenüber liegt das Trainingsgelände. Entschlossen laufe ich los. Mein erster Arbeitstag in Dresden!
Auf meine Bitte hin wurde das Trainerteam erweitert. Mit Erwin Vandenbergh, Domenico Sbordone und Frank Utsch haben wir jetzt einige erfahrene Leute mehr im Verein. Das wird uns schon weiterhelfen. Hoffe ich jedenfalls. Am Samstag, den 10.07. haben wir das erste Testspiel. Wir spielen gegen Motor Eberswalde. Ich denke, dass wird einigermaßen gut über die Bühne gehen. Vor allem unsere jungen Leute sollen da getestet werden. Bis jetzt habe ich noch keinen richtigen Eindruck von der Leistungsfähigkeit des Teams. Aber das kommt schon noch. Irgendwie muss ich mir langsam aber sicher eine Wohnung suchen. Die Pension in Naußlitz ist ja an sich nicht schlecht, aber eine eigene Wohnung hat schon was. Ich werde mal in der Geschäftsstelle nachfragen, ob man mir dabei behilflich sein kann.
Die Testspiele gegen Eberswalde und Dorfmerkingen endeten 2:0 bzw. 6:0. Ich habe der Mannschaft ein 4-5-1 verordnet, sie scheint mit dem neuen System gut zurecht zu kommen. Bis jetzt gibt es keinen Grund zu klagen. Alle sind mit Eifer bei der Sache, die Trainingsleistungen stimmen, allein die Vereinsfinanzen geben wohl Anlass zu Sorge. Neuverpflichtungen waren bis jetzt nicht möglich, die Verhandlungen scheiterten immer an den überzogenen Gehaltsforderungen vollkommen abgehobener Berater. Nun gut, wir müssen es halt weiter probieren. Die Scouts jedenfalls arbeiten auf Hochtouren. Am Samstag, dem 24.07. geht es los, dass erste Ligaspiel steht an. Und mein erster Auftritt auf der Bühne des Profifußballs! Kalt lässt mich das nicht. Zum Glück habe ich jetzt eine Wohnung gefunden. In Naußlitz. Sie ist noch etwas kahl, das eine oder andere fehlt, aber dafür habe ich direkt gegenüber nette Nachbarn. Er ist Fussballfan, natürlich Dynamo, und hält mit Tipps nicht hinter dem Berg. Sie interessiert sich nicht für Fußball, dafür schmeckt ihr Kaffee umso besser. Ich habe noch keine eigene Maschine, also nehme ich den nachbarlichen Service gerne in Anspruch, dafür darf er mich schließlich auch bei der Mannschaftsaufstellung beraten.
Abreisetag zum ersten Spiel der Saison nach Bremen. Ich habe mich dazu entschlossen, mit dem Taxi zum Sammelpunkt am Stadion zu fahren. Die nette Nachbarin beginnt sich scheinbar für Fußball zu interessieren, jedenfalls wünscht sie mir beim verlassen des Hauses viel Glück in Hamburg. Das Taxi taucht auf, ein älterer Peugeot 404. Ich öffne die Beifahrertür, schrecke instinktiv vor einer Wand aus Qualm zurück. Je mehr der Rauch sich verzieht gewinnt der Fahrer an Kontur. Mein neuer ceylonesischer Freund grinst mir entgegen und bittet mich mit einer eleganten Handbewegung einzusteigen. Die Fahrt zum Stadion erscheint mir länger als sonst, aber letztendlich trudeln wir noch rechtzeitig ein. Hustend verlasse ich das Gefährt nicht ohne vorher mein Entgelt entrichtet zu haben. Das aufmunternde Nicken beim verlassen der fahrenden Räucherkammer kann er sich sparen, ich reagiere eher frostig. Dafür ernte ich das Mardergrinsen, heute gewürzt mit einem Hauch Frettchen. Irgendwie ist der Kerl mir unheimlich. Aber dann wird meine Aufmerksamkeit von etwas wichtigerem angezogen, denn unweit entfernt, da steht er, unser Mannschaftsbus, bereit zur Abfahrt. Die Frage des Fahrers, ob ich rauche, verneine ich entschieden. Er zieht die Nase kraus. Das nächste Mal fahre ich mit dem Volvo. Jetzt aber ab auf die Autobahn, das Abenteuer Hamburg – ähhh Bremen kann beginnen.