Willkommen zum ersten Interview mit Trainerrückkehrer Arrigo Sacchi.
Ihm gegenüber sitzt Gaetano de Stefano von der Gazzetta dello Sport.
de Stefano: "Willkommen Herr Dr. Sacchi, wie fühlt sich der Amtsantritt hier in Sizilien für sie an?"
Sacchi: "Es ist spannend. Ich sehe sie sind von meinem Ehrendoktortitel informiert. Ich schätze vorbereitete Journalisten. Es ist eine große Freude wieder im Trainergeschäft zu sein, auch die Stadt gefällt mir. Genau wie das Klima."
de Stefano: "Danke für die Blumen. Sie kommen aus der Nähe von Parma und trainiereten den großen AC Mailand. Auch mit dem damaligen AC Parma hatten sie Erfolge. Was halten sie von ihrem Personal hier in Palermo?"
Sacchi: "Ich möchte ihnen eine Geschichte erzählen. Als ich in Fusignano meine Trainerlaufbahn begann, erkannte ich schnell das ich noch einen Innenverteidiger im Kader brauchte. Ich ging zum Präsidenten und sagte das ich einen Verteidiger brauche. Er gab mir das Trikot mit der Nummer 3 und sagte: Du bist der Trainer, forme dir einen!
Damit will ich ihnen sagen, dass der einzelne Spieler nicht entscheidend ist, das System hat Vorrang."
de Stefano: "Sind sie sicher das ihr Jungstar Pastore so etwas gerne hört?"
Sacchi: "Javier ist Profi und talentiert, jedoch sollte man junge Spieler nicht gleich hochjubeln, sondern sehen was sie verbessern können und sie dahingehend festigen, damit sie so schnell wie möglich resistenter gegenüber Formschwankungen sind."
de Stefano: "Sie haben sich letzten Sommer sehr kritisch über den Fussball im Allgemeinen und für Italien im Speziellen geäußert. Sehen sie Veränderungen?"
Sacchi: "Ja, wenn auch geringe und zu wenig. Wir wollen in Palermo eine Art Zugpferd in Sachen Seriosität und Solidität sein. Richtiges Wirtschaften ist wichtiger als das Spiel selbst. Nur ein gesunder Verein kann langfristig erfolgreich sein. Wir Italiener haben vielleicht die weltweit größte Fussballtradition, aber wir müssen den Sport wieder Gesellschaftsfähig mache. Man kann hier nicht mit seinen Kindern ins Stadion gehen. Sehen sie nach Deutschland. Volle Stadien. Die dritte Liga hat dort teilweise mehr Zuschauer als mancher Serie A Klub. Dort müssen wir ansetzten. Modernere Stadien, mehr Sicherheit, richtiges Merchandising und mehr Fannähe."
de Stefano: "Welche Chancen sehen sie die Gewalt in italienischen Stadien zu beenden?"
Sacchi: "Führen wir die Änderungen herbei, wird es eine logische Konsequenz sein"
de Stefano: "Sie gelten als der Erfinder der ballorientierten Raumdeckung. Hat sich der Fussball sehr verändert?"
Sacchi: "Selbstverständlich, alles verändert sich. Heute ist es sehr atlethisch. Doch der Trend geht wieder zu mehr Technik.
de Stefano: "Was haben sie mit Palermo vor, welche Ziele verfolgen sie?"
Sacchi: "Zunächst wollen wir den Spagat zwischen Liga und Euroleague gut bewältigen. Wir wollen uns verbessern, deshalb möchten wir wieder ins internationale Geschäft in der kommenden Saison. So lautet das Saisonziel. Langfristig wollen wir in die Phalanx der großen 5 eindringen. Die Vorraussetzunge gibt es in Palermo. Wir wollen hier eine Langzeit-Philosophie reinbringen. Zum Beispiel möchte ich künftig vermehrt Sizilianer im Klub haben. Unser Scouting wird sehr gründlich arbeiten müssen. Sicher werden wir auch mal Ausnahmen machen, wenn der Markt es fordert.
Ich werde auch bemüht sein möglichst wenig Ausländer in der Startelf spielen zu lassen. Eben Dinge die eine Identifikation erhöhen und festigen.
Auch die Spielweise muss innovativ gestaltet werden. Einst war eis ein Novum das Spielfeld gedanklich in Quadrate einzuteilen, worin jeder Spieler seinen Bereich hatte und sich zurückzieht, sobald der Ball im Bereich des nächsten Mitspielers ist. Darin waren meine Mannschaften Pioniere. Heutzutage ist das ein alter Hut.
de Stefano: "Sie gelten als unangenehmer Kritikter der kein Blatt vor den Mund nimmt. Bisher finde ich unser Interview recht entspannt. Wie kommts?"
Sacchi: "Signore de Stefano, wir haben ja auch keine Konflikte heute."
de Stefano: "Es kursieren diverse Namen als mögliche künftige Neuzugänge. Wie zum Beispiel Yacob, Giuseppe Rossi, Ganso, dem Kölner Novakovic, Ricardo Oliviera, Molinaro, Rafael Toloi und Morimoto vom Erzrivalen Catania. Auch der Argentinier Scocco, der in Griechenland spielt wird gehandelt."
Sacchi: "Sehen sie, jetzt haben wir das Konfliktpotenzial. Das sind reine Spekulationen. Ich weiß nicht woher sie das haben. Damit sie etwas Futter haben kann ich ihnen nur soviel sagen, Novakovic ist absolut gar kein Thema. Auch Morimoto aus Catania nicht. Niemals würde ich einen Spieler vom Erzrivalen holen. Was soll das? Ganso ist ein sehr interessanter Spieler, aber mir fällt kein Weg ein wie wir ihn bezahlen sollten. Das Selbe gilt für Oliveira und Rossi. Yacob spricht keinen Brocken italienisch. Das ist für mich eine Vorraussetzung. Ich habe keine Lust einen Dolmetscher zu bezahlen. Die Sprache ist bei den taktischen Feinheiten das A und O."
de Stefano: "Verstehe! Es gibt auch Gerüchte um Abgänge. Eine ganze Reihe von ihren Spielern sind bei anderen Klubs im Gespräch, allen voran Javier Pastore. Wie wollen sie Verluste verhindern?"
Sacchi: "Schon mal den Namen Zamparini gehört? (de Stefano lächelt) Es wird keine gezwungenen Abgänge geben. Doch eins vorweg, ich habe eine Achse im Kopf. Davon abgesehen kann man Verkäufe nicht ausschließen. Bei exzellenten Angeboten muss man reden. Wie ich Eingangs erwähnte steht das Wirtschaften und die Spielphilosophie über dem einzelnen Spieler. Doch eine Handvoll als Kern gibt es schon."
de Stefano: "Man darf gespannt sein. Wer würden sie sagen, war ihr bester Spieler?"
Sacchi: "Och, es gab viele gute. Die Karriere von Paolo Maldini war sichelich außergewöhnlich und Marco van Basten war möglicherweise der beste Stürmer aller Zeiten. Wenn man sich das überlegt, er musste bereits mit 29 seine Karriere beenden. Bis dahin war er insgesamt 3-4 Jahre verletzt. In der kurzen Phase von 6-7 Jahren schließlich, wurde er Europameister, zweimal Sieger im Europapokal der Landesmeister. Nationaler Meister und Pokalsieger. Ja und vor allem persönlich sehr erfolgreich. Zweimal Weltfussballer und dreimal Europas Fussballer des Jahres. Ich bin sicher, wenn er nicht so häufig verletzt gewesen wäre und seine Karriere hätte fortsetzten könne, gäbe es heute keine Diskussion darüber wer der beste Fussballer aller Zeiten war. Seine Auszeichnungen hätten alles getoppt.
de Stefano: "Stimmt. Was sagen sie zu den Fans in Palermo?
Sacchi: "Sie sind heißblütig. Ich finde das gut. Aus dem 'La Favorita' möchte ich einen Hexenkessel machen. Wir planen den Ausbau auf 50.000. Doch dafür braucht man Geld, und das geht nur über Erfolg. Den strebe ich an."
de Stefano: "Sie kritisierten das Mäzenatentum bereits früh. Was fällt ihnen beim Namen 'FC Getafe Team Dubai' ein?"
Sacchi: "Der größte Blödsinn westlich von Wilferode! Bitte wechsel sie das Thema bevor ich in die Luft gehe."
de Stefano: Zum Schluss interessiert unsere Leser noch warum sie es sich doch nochmal anders überlegt haben und auf die Trainerbank zurückkehren?"
Sacchi: "Meine Frau und ich, wir gingen uns mit der Zeit auf die Nerven. Spaß bei Seite, ich dachte mir das es ein bißchen einseitig ist die Entwicklungen nur zu kritisieren. Selbst mit zu helfen ist sicher der bessere Ansatz."
de Stefano: "Vielen Dank für das Gespräch Dr. Sacchi!"
Sacchi: "Gern geschehen. Angenehme Heimreise Herr de Stefano."
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