@ Gager, Dan Druff, Marvolo & sulle: Danke für die Glückwünsche und das Lob! Ich hoffe, ich habe euch, und natürlich noch viele andere, weiterhin als Leser, auch wenn ich nicht so regelmäßig poste ![Smiley :)](http://www.meistertrainerforum.de/Smileys/default/smiley.gif)
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Mit einem charmanten Lächeln betritt Totò Pinella die Lobby und steuert direkt auf mich zu. Ein fester Händedruck, danach lässt er sich in den Fauteuil fallen. Er steckt in einem schwarzen Fred Perry-Polo, einer lässigen Jeans und weißen Adidas-Sneakers, was in eher als Fan, denn Trainer erscheinen lässt. Noch bevor wir zu reden beginnen, ordert er einen Espresso und zündet sich die erste Zigarette an.Signor Pinella, Ihr Wechsel nach Österreich sorgte in Italien doch für etwas Gesprächsstoff. Es ist nicht alltäglich, dass ein Italiener nach Österreich geht. Auch wir mussten anfangs sogar nachforschen, wo sich Mattersburg überhaupt befindet. Ein kleinerer Ort, mit 8.000 Einwohnern. Was bewegt einen Serie-B-Aufsteiger beim SV Mattersburg zu unterschreiben?Dass der Ort mit Verona nicht vergleichbar ist, liegt auf der Hand. Dass mein Engagement bei Hellas aber ein eher unrühmliches Ende fand, auch. Signor Marengo bat mich, seine Entscheidung zu akzeptieren. Mir fiel es schwer, konnte aber schließlich nichts dagegen tun. Dass Mattersburg schließlich mein neuer Arbeitgeber wurde, verdanke ich eher dem Zufall.
Wie kam es dazu?Präsident Pucher redete mich im Thailand-Urlaub darauf an. Ich wusste damals nicht wer er war, woher er kam, geschweige denn hatte ich jemals zuvor vom SV Mattersburg gehört. Der österreichische Fußball zählte bis dato nicht zu meinen Steckenpferden.
Was macht den Fußball in der Alpenrepublik so attraktiv? Erzählen Sie unseren Lesern doch bitte ein wenig.Im Vergleich zum Calcio in Italien ist der Fußball hier ganz und gar nicht attraktiv. Auf Taktik wird wenig Wert gelegt, wodurch man international kaum Erfolg haben wird. Lediglich Stevens bei Red Bull hat diesbezüglich Verständnis, die nationalen Trainer, wirken aber oft ideenarm. Die Liga selbst ist schnell erklärt. Um den Titel spielen für gewöhnlich die beiden Wiener Klubs, Rapid und Austria, und Red Bull Salzburg. Sturm liegt konstant auf Rang 4, zu schwach für oben und deutlich zu stark für den Rest. Die Plätze 5 bis zum Letzten sind dann ziemlich durchgewürfelt. Kapfenberg, Wiener Neustadt, Ried, LASK Linz, Klagenfurt und, normalerweise, auch wir, sind in diesen Gefilden zu finden. Ich habe mir auch erklären lassen, dass im Laufe der Saison Grüppchenbildungen in der Tabelle entstehen. Da sind dann zwei, drei Mannschaften, die haben fünf, sechs, sieben Punkte Vorsprung auf zwei, drei Verfolger, die wiederum einige Punkte Vorsprung auf die Folgenden haben. Und der Absteiger steht meist Spieltag vor Schluss schon fest. Momentan liegt Wiener Neustadt bereits fünf Punkte hinter dem Vorletzten…
Und Sie stehen mit Ihrem Team zur Winterpause auf einem hervorragenden 3. Platz, hätten Sie das für möglich gehalten?Der Herbst verlief tadellos. Wir haben in der Vorbereitung hart an uns gearbeitet, jetzt ernten wir die Früchte. Spielerisch gibt es zu den großen Mannschaften aus Wien und Salzburg aber schon noch Defizite. Dass wir die Dominanz der vier Großen brechen konnten, verdanken wir aber auch deren eigener Unfähigkeit, Sturm und die Austria ließen im Herbst einige Punkte liegen.
Wie sehen die Planungen im Winter aus damit Mattersburg im Frühjahr voll durchstarten kann? Was sind Ihre Ziele bis zum Saisonende?Meine Spieler genießen jetzt mal ihren wohl verdienten Urlaub. Neuverpflichtungen wird es keine gravierenden geben, wir sind ja auf jeder Position gut besetzt. Sicher könnte der Kader in der Breite stärker sein, die finanziellen Mitteln, wie Rapid oder Red Bull, besitzen wir aber leider nicht. Wir versuchen in kleinen Schritten die Lücke nach oben zu schließen, das kann aber seine Zeit dauern. Sturm, bin ich der Meinung, haben wir bereits geschluckt, dass dürfte das 4:1 von Graz gezeigt haben. Auf die Austria bin ich gespannt, ich denke, die haben sich im Herbst unter ihrem Wert geschlagen, mal schauen, ob da im Frühling jetzt was kommt. Das Ziel ist aber nun ganz klar der Europacup. Und ich denke den wird uns jetzt auch keiner mehr nehmen. Im Juli war das Ziel noch bescheidener, Präsident Pucher und ich setzten uns zusammen und einigten uns, dass ein 5. Platz ein ambitioniertes Ziel sei. Den Europacup würden sich Rapid, Austria, Red Bull und Sturm ausmachen. Den Rest der Liga, die Provinz-Mannschaften, sollten wir aber anführen. Wir müssen aber flexibel sein und unsere Ziele im Laufe der Saison anpassen. Jetzt haben wir unsere Erwartungen eben nach oben korrigiert.
Wie empfanden Sie ansonsten Ihre Eingewöhnungsphase? Haben Sie sich nach einem halben Jahr bereits akklimatisiert?Es ist schwer. Der Fußball ist auf keinem sehr hohen Niveau. Der Nachwuchs wird wenig forciert, obwohl das eigentlich die einzige wahre Chance wäre. Stattdessen werden alte Legionäre um teures Geld verpflichtet. Das sind keine Investitionen für die Zukunft. Gut, wir haben auch Morfeo und Gresko geholt, andererseits haben wir mit Sekour, Berger, Saurer, Barthe und Horava lauter Spieler unter 25 Jahren verpflichtet, die zum Großteil alle in die erste Garnitur eingebaut wurden. Das sind aber nicht die einzigen strukturellen Mängel. Da gibt es dann noch fehlende Jugendeinrichtungen oder fehlende Rasenheizungen. Dass sind teilweise banale Dinge, aber ein Land wie Österreich, das lebt doch vom Schnee. Da kann ich doch nicht auf Rasenheizungen verzichten! Die Folge sind dann Spielplankollisionen en masse. Und wenn dann im Frühjahr dadurch englische Wochen entstehen, jammern wieder alle. Oder der Saisonbeginn Mitte Juli. Da haben die Spieler im Urlaub zu sein! In Österreich beginnt da aber schon wieder die Meisterschaft. Die letzte Saison endet aber erst Ende Mai. Das heißt, du hast sechs Wochen Zeit für Haupturlaub und Vorbereitung. Dass zur ersten Länderspielpause im September, die Spieler bereits am Zahnfleisch kriechen, ist dann nicht verwunderlich. Ganz besonders Europacupteilnehmer. Die haben durch die Qualifikationsspiele allein Ende August schon wieder bis zu siebzehn Spiele in den Beinen. Ganz zu schweigen bei welchen klimatischen Bedingungen. Dass muss aber so sein, weil im Winter ja nicht gespielt werden kann. Der Fußball hier hat mit den momentanen Strukturen eigentlich keine Chance auf internationalen Erfolg.
Welche langfristigen Ziele kann man hier als Trainer dann haben?Nun ja, für Mattersburg wäre es schon eine große Sache nur einmal in einer Europacupqualifikation zu stehen. Vom Meistertitel zu träumen darf man ja, ist aber wohl eher unrealistisch. Dazu reichen die finanziellen Mittel nicht aus. Und Wien oder Salzburg strahlen auch eine andere Attraktivität aus als Mattersburg. Der Cup wäre aber machbar, hat in Österreich aber kaum Prestige.
Sie haben mit Dario Fedi und Domenico Morfeo zwei Italiener nach Mattersburg geholt, meines Wissens die ersten der Klubgeschichte. Wie geht es den beiden bislang mit der Eingewöhnung?(schmunzelt) Für Domenico war es schon ein gewaltiger Kulturschock. Er war sich ja Städte wie Milano oder Parma gewohnt, die sind, vorsichtig gesagt, doch etwas urbaner. Domenico ist, genauso wie ich, kein Kind von Traurigkeit, liebt das Leben und was alles dazu gehört. Deswegen hat er auch schnell beschlossen nach Wien zu ziehen, da passiert doch etwas mehr. Dario hingegen ist noch jung, ist zwar in Firenze aufgewachsen, also auch in einer großen Stadt, aber charakterlich nicht mit Domenico zu vergleichen. Ich denke er fühlt sich in Mattersburg wohl. Zum Zug sind beide leider noch nicht so gekommen, wie ich mir das gewünscht hatte, Dario war aber von Anfang an als Perspektivspieler gekommen. Domenicos Zukunft wird vom Frühjahr abhängen.
Es kursieren Gerüchte, wonach Domenico Morfeo des Öfteren zu Uhrzeiten in Discos gesichtet wurde, zu denen Profis eigentlich im Bett zu seien haben. Angeblich sogar in Ihrer Begleitung. Was sagen Sie dazu?Dass Domenico das Leben genießt, habe ich ja selbst gerade gesagt, das ist mir nicht neu und das wusste ich auch schon zum Zeitpunkt seiner Verpflichtung. Wir haben das aber intern bereits geklärt und er hat versprochen, dass solche Vorfälle in Zukunft nicht mehr vorkommen. Damit ist die Sache vom Tisch.
Und Ihnen wird nach wie vor die eine oder andere Eskapade nachgesagt…Ich denke, der Erfolg gibt mir Recht.