Aber zeigt uns nicht gerade auch wikileaks, daß selbst das totalitäre Amerika eine unangenehme Seite nicht einfach abstellen kann, wie Du es unten noch propagierst?
Es ist ja nicht so, dass sie es nicht versucht hätten. Es gibt Dokumente des Pentagon und des Innenministeriums, die 2008 erstellt wurden und belegen, dass man Studien geführt hat, wie diese Seite zu bekämpfen ist. Auch diese Dokumente sind übrigens auf WikiLeak geleaked worden. Außerdem hilft WikiLeaks mittlerweile eine gewisse Popularität und Bekanntheit. Ich weiß nicht, wie es bei systemkritischen Seiten aussieht, die eben nicht so bekannt geworden sind.
Zu dem Geo-Artikel. Bei diesem Satz:
Briefmarken mit seinem Abbild können nicht benutzt werden, weil kein Postbeamter es wagen würde, einen Stempel in das Gesicht des Großen Führers zu setzen.
musste ich lachen, denn ich habe genau so eine abgestempelte Postkarte zu Hause herumliegen mit dem Abbild Kim Il-sungs. Dann habe ich mit dem Artikel auch sonst ein paar Probleme. Auf 5 Seiten werden zwar die Probleme in Nordkorea vermutlich ganz gut dargestellt, aber kein einziges Wort über Ursachen fällt. Suggeriert wird ja, dass der böse Kim Jong-Il an allem Schuld sei, aber auch das steht nicht wörtlich im Text. Nordkorea ging es bis 1990 einigermaßen gut (das wird im Geo-Text sogar aufgeführt). Dann begann das Sovjet-Reich zu zerfallen. Die Folge war eine Isolation Nordkoreas. Es ist ja nicht so, dass westliche Länder nicht mit Schuld an den Millionen Verhungerten sind. Die USA und fast jedes asiatische Land, das unter dem Einfluss der USA steht, haben Handelssanktionen gegen Nordkorea. Somit sind sie seit dem Zusammenbruch der Sovjetunion komplett auf Eigenversorgung angewiesen und den Umschwung haben sie in der Tat nicht gut hingekriegt. Zum Teil hat sich Nordkorea auch selbst isoliert, vor allem mit diesem albernen Militärgehabe und den Atomwaffen. Aber die Lage ist ähnlich wie auf Kuba. Die USA haben einen ideologischen Gegner und sorgen dafür, dass niemand mit diesem Land Handel treiben darf. Wenn das in Deutschland passieren würde, dann würden hier auch Millionen Menschen verhungern, auch ganz ohne durchgeknallten Führer. Übrigens sterben in Afrika jedes Jahr 10,5 Millionen Kinder (nur Kinder) an Unterernährung, während wir Milch in den Ozean kippen, damit der Preis oben bleibt und in den USA jährlich 30 Millionen Menschen mit Krankheiten zum Arzt gehen, die aufgrund von Übergewicht entstanden sind.
Differenzierte Gründe für die Probleme in Nordkorea zu nennen, das habe ich in dem Artikel vermisst. Und wenn man das gemacht hat, kann man sich immernoch dafür entscheiden, dem Diktator die Hauptschuld zu geben, da würde ich dann auch voll zustimmen. Aber den Rest unter den Teppich kehren? Das ist in meinen Augen Propaganda.
Achso und zu dem albernen Führerkult: etwas ähnliches habe ich auch schon erlebt. Nur eben nicht in Korea oder sonst irgendeinem Land, das in der Öffentlichkeit als von rückständigen Hinterwäldlern bewohnter Landstrich verstanden wird, sondern in den USA. Weißt du was da abgeht, wenn der Präsident irgendwo aufkreuzt? Einmal habe ich mir das angetan, da hat Bush sen. noch regiert (bzw er ist gerade groß in Kuwait aufmarschiert). Da sind 2 Menschen auch in Tränen ausgebrochen, weil der Präsident sie berührt hat. Oder was ist denn mit diesen Massenveranstaltungen, auf denen der Papst mal irgendwo kurz zu sehen ist. ist das nicht auch alberner Führerkult wie in Korea? Ein Papst, der in Afrika gegen die Verbreitung von Kondomen kämpft und dem trotzdem Millionen Menschen zu Füßen liegen, als weit entfernt vom bösen koreanischen Führerkult ist das nicht. Aber da wird mit zweierlei Maß gemessen, weil wir natürlich soviel besser sind.
Und warum du die beiden mir bekannten Ärzte als linientreue Eliten abstempelst, ohne sie zu kennen ist mir schleierhaft, bestätigt in meinen Augen aber den Eindruck der leichtfertigen Aburteilung hier. Joah, Nordkorea ist ein böses Land, also haben die den Trainer bestimmt ins Arbeitslager gesteckt, passt ins Bild, wird schon so sein. Was nicht passt, wird eben passend gemacht.
Die beiden Ärzte waren nicht linientreuer, als du. Sie haben sich mit dem System ihres Landes irgendwie abgefunden, haben immer wieder die Probleme angesprochen, die es auf jeden Fall gibt und gesagt, dass sie auch lieber in einem anderen Land leben würden, aber die Menschen in ihrer Heimat brauchen sie eben. Das war ihre Linie und ich habe sie als sehr intelligente und differenziert denkende Menschen kennengelernt. Ideologisch zum Teil sicherlich "geschult", aber keine blinden Fanatiker, die einem Führer hinterherlaufen, der sie nicht füttert.
Um das nochmal klarzustellen: ich sympathisiere nicht im Geringsten mit irgendwelchen totalitären Regimen, wie es in Nordkorea eins gibt. Ich bin aber auch gegen die generelle Schwarz-Weiß-Betrachtung. Nicht alles, was in Nordkorea passiert, ist Unrecht, weil das System ein Unrechtssystem ist. Medienberichten von einem ausgewiesenen Propaganda-Radiosender schenke ich generell keinen Glauben
EDIT: Ich habe übrigens gerade die Kommentare unter dem GEO-Artikel gelesen. Das kann ich nur weiterempfehlen.