@ Konni und Don
Ist sowas nicht auch mal Verjährt?
Das ist eine ellenlange wissenschaftliche Diskussion. Also nicht die Frage, ob die deutschen Reparationszahlungen verjährt sind, sondern ob es sowas wie Verjährung im Völkerrecht überhaupt gibt. Die Ansprüche von ehemaligen Zwangsarbeitern sind mit OLG Stuttgart-Entscheidung vom Jahr 2000 mittlerweile verjährt, aber dabei handelt es sich um deliktische Ansprüche. Die Ansprüche der Reparation, die sich auf das Völkerrecht stützen, brauchen eine Verjährungsgrundlage, die dem Völkerrecht immanent ist. Fragt mensch 2 Völkerrechtler, ob das Völkerrecht Verjährung kennt, bekommt mensch 5 Meinungen zurück. Es ist hochkompliziert, sollte Griechenland Reparationen von Deutschland fordern, wird sich darüber wissenschaftlich lange lange gestritten.
Folgendermaßen sieht es mit den deutschen Reparationen der NS-Schäden aus: Die Rückzahlung der NS-Schulden und die Frage der Reparationen sollte erst in einem Friedensvertrag mit dem "wiedervereinigten" Deutschland geklärt werden. So lautet die Klausel des Londoner Schuldenabkommens von 1953. Deutschland hat aber bis heute keinen Friedensvertrag, weder mit den Westmächten, noch mit irgendeinem anderen Land, dem Nazi-Deutschland den Krieg erklärte. Keine Sorge, im Krieg sind wir dennoch nicht, das Völkerrecht kennt noch andere Wege, einen Kriegszustand aufzuheben (Kapitulation), als einen Friedensvertrag. Trotzdem ist der 2+4-Vertrag eben ausdrücklich kein Friedensvertrag. Die deutschen Schulden hängen noch in der Luft, seit 1953 ist fast kein Geld von deutschen Schulden mehr ins Ausland geflossen (nur von 1996 bis 2010 10mio€ jährlich für Schäden des erstens WK).
Nicht direkt wegen des Krieges. Sonder weil die andern letzlich gewonnen haben und wir auf Fremden Grund und Boden massive Zerstörung und Verwüstung (mit)verschuldet haben. Ich sagte ja schon, das ganze System hat eigentlich Schwachstellen ohne Ende, schließlich haben wir gegenüber den Amerikanern und Briten keinerlei (Recht auf) Forderungen, obwohl die ja bei uns auch massive Zerstörung betrieben haben.
Halt, das ist viiiiiiiiiiiiiiiiiieeeeeeeeeeel zu oberflächlich. Die Sachschäden, das sind die eine Sache. Um die geht es bei Reparationen auch, aber nicht zum größten Teil. Viel größer sind die Devisenschäden. Dazu zählen vor allem die Mittel, die aufgewendet werden mussten, um Rüstungsmaterial herzustellen, um in den Krieg zu ziehen. Da sind natürlich astronomische Kosten für Staaten entstanden, die ihre Industrie damit beauftragen musste, Rüstungsgüter herzustellen. Das haben die natürlich, insofern sie nicht verstaatlicht waren, nur für Geld getan. Das waren wirklich unvorstellbare Beträge, die dort von der Staatskasse in die Rüstungsindustrie geflossen sind und das macht den Löwenanteil aus.
Dann gibt es noch die Devisen-Forderungen von besetzten Ländern. Die griechische Staatsbank wurde unter deutscher Besatzung dazu gezwungen, in höchstem Maße deutsche Staatsanleihen zu kaufen. Deutschland war ja massivst verschuldet, Hitler hätte den Laden ohne den Krieg ohnehin nur noch 1 oder 2 Jahre weiterführen können, bis der Staat bankrott gegangen wäre (ja, das gab es damals auch schon). Jedenfalls wurden aus allen okkupierten Ländern die Banken gezwungen, deutsche Staatsanleihen zu kaufen, damit das Geld in die Rüstung gesteckt werden konnte. Da ist der zweite Löwenanteil an Schäden. Zusammen machen die Devisenschäden etwa 90% des Gesamtschadens aus, die Zerstörung und Verwüstung in etwa 10% (da unterscheiden sich die Zahlen aber massiv, ich habe so den Mittelwert von 15%-85% und 1%-99% genommen).
Insofern, und unter der Vorausgabe, dass Deutschland mit dem 2. WK einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg geführt hat, der anderen Ländern aufgezwungen wurde, ist es schon sehr verständlich, dass die Deutschen kein Recht auf Reparationen hatten. Wie auch, ihnen sind ja "nur" Sachschäden und keine Devisenschäden entstanden (ich möchte die Menschenopfer jetzt nicht trivialisieren, aber will eben die ökonomische Seite betrachten). Im Gegenteil, Deutschland war ja nach dem Zusammenbruch des 3. Reiches qua defintion "schuldenfrei". Insofern sind die Reparationen auch als "Devisenschulden" zu sehen. Die griechische Staatsbank war total ausgepumpt, hat deutsche Staatsanleihen gekauft, die sie nie wieder erstattet bekommen hat.
Das musst du auf jeden Fall mit betrachten, bevor du Reparationen so oberflächlich verdammst.
Aber ist ja auch kein Politik-Forum hier
Übrigens: Albrecht Ritschl von der London School of Economics schreibt, dass sich die Schulden NS-Deutschlands bei seinen Kriegsgegnern inklusive Zinsen - je nach Berechnungsart - auf heute 700 Milliarden bis 1,4 Billionen Euro belaufen. Und das sind ausschließlich die Devisenschulden, keine Sachschulden in Form von Entschädigung für Zerstörung, Tötung, Zwangsarbeit oder dergleichen.