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Autor Thema: Horrortrip Hurghada  (Gelesen 18434 mal)

knoedelj

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Re: Horrortrip Hurghada
« Antwort #60 am: 09.August 2010, 17:00:44 »

Die ganze Angelegenheit liegt aktuell bei meinem Anwalt der Fluggesellschaft und Reiseveranstalter verklagt. Die Reise hat übrigends 1075 Euro gekostet (2 Personen) und wir wollen 50% zurück. ;)

Und schon Feedback?
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Konni

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Re: Horrortrip Hurghada
« Antwort #61 am: 10.August 2010, 10:11:10 »

Hehe, ich habe mir das auch gerade durchgelesen.

Also ich habe eigentlich noch nie Pauschalurlaub am Strand gemacht, ich bin eher so der Rucksack-und-Zelt-oder-Hostel-Typ. Da kann ich auch immer tolle Geschichten erzählen und alle sagen mir, dass mir das mit Pauschalurlaub nicht passiert wäre. Jetzt habe ich ein Gegenbeispiel.

Aber mal ernsthaft, du hast 5 nette Leute aus München kennengelernt, konntest deine Freundin im Stress retten, was bestimmt auch nicht schlecht für die Beziehung ist und hast eine unendliche Geschichte zu erzählen. Wenn alles geklappt hätte, was hättest du dann zu sagen gehabt? Joa, Essen war ok (die Pommes besonders), am Pool waren die Liegen bequem, das Flugzeug war auch recht schnell...wo bleibt da der Spaß?

Ich bin in diesem Jahr für 3 Monate durch Mittelamerika getourt, also Nicaragua, Honduras und kleine Teile Mexicos. In Mexico hatte ich "beruflich" zu tun, das hat aber nur ein paar Tage gedauert. Den Rest der Zeit war ich mit Rucksack und Freundin unterwegs. Ohne vorher Pläne gemacht zu haben. Ich habe mir jeweils den Lonely Planet Reiseführer von Nicaragua und Honduras gekauft und dann haben wir uns morgens Gedanken gemacht, was mir so machen. Naja, ich habe das Glück, dass meine Freundin Brasilianerin ist und somit keine großen Ansprüche in Form dieser hier vielzitierten "westeuropäischen Standards" hat (also sie lebt in Deutschland, findet aber deutsche Tugenden und Ansprüche eher amüsant als erstrebenswert). Jedenfalls hat dort auf der Reise auch nichts funktioniert. Wo Busse fahren sollten, fuhren keine, die Schilder standen aber noch da. Flugpläne waren generell nur Richtzeiten, wir haben bei 3 Flügen insgesamt 5 Nächte auf Flughäfen verbracht. Die Flüge waren reiner Nervenkitzel. Ich kenne mich hobbymäßig in der Luftfahrt ziemlich gut aus und liebe es zu fliegen (wenn ich das Geld irgendwann haben sollte, mache ich auch einen Flugschein), aber Landungen in Toncontin sind generell ein Erlebnis.

http://www.youtube.com/watch?v=v_z5HtME9n8

http://www.youtube.com/watch?v=4QNb8x1_vKc&feature=related

http://www.youtube.com/watch?v=CJoXMcehrYo&feature=related

Videos sind nicht von mir!

Dazu ist bei einer Busfahrt (die Hälfte des Busses wurde übrigens von Hühnern in Beschlag genommen, die ein Bauer in die Stadt bringen wollte) der Bus verreckt. Nachdem wir zu fünft versucht haben, den Motor wieder in Gang zu bringen, haben wir es aufgegeben. Funknetz war nicht vorhanden, die nächste "Stadt" aber nur 1 Meile entfernt. Also hat jeder mindestens einen Hühnerkäfig in die Hand genommen, alles verfügbare Wasser wurde aufgeteilt und wir machten uns auf den Marsch. Der Bauer wollte dann für die Hilfe danken und hat jedem ein Huhn angeboten. Ich wollte eins nehmen, aber der Protest aus der weiblichen Ecke war zu groß :D
Natürlich sind viele Sachen auch unschön gelaufen. Ich habe neue Schuhe getragen und nach ein paar Tagen Blasen gelaufen. Diese wurden natürlich aufgerieben und dann hat sich alles entzündet und ich habe Fieber gekriegt. Meine Freundin ist später über einen Stein gestolpert und hat sich den Knöchel verstaucht. Aber das passiert. Dafür haben die 3 Monate, die bisher die besten meines Lebens waren, auch nur rund 1000€ gekostet. Wobei wir aber auch sehr viel Kontakt mit Einheimischen hatten und dann öfter dort kostenlos schlafen durften, die uns irgendwo hingefahren haben und wir zusammen gekocht haben. Aber da die Menschen dort größtenteils eher in Armut leben, habe ich immer Geld dagelassen oder Dinge repariert. Mit 50€ kann man dort leben, wie mit 5000€ in Deutschland.

Aber ich kann schon verstehen, dass wenn man 1 Woche in geordneter Ruhe verbringen möchte, Probleme sehr nerven. Nur das ist doch gerade das Problem an dieser geordneten Ruhe. Es läuft eigentlich nie alles nach Plan. Und wenn doch, dann war der Plan scheiße. Wenn du das Chaos einlädst, von Anfang an ständiger Begleiter deines Urlaubs zu sein, dann ist das Erfüllung und Entspannung zugleich.
« Letzte Änderung: 10.August 2010, 10:13:49 von Konni »
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paulnez

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Re: Horrortrip Hurghada
« Antwort #62 am: 10.August 2010, 11:17:19 »

@Konni:

Klingt lustig, Sprachenkenntnisse ?
Spanisch, Englisch, sonst noch was nötig ?
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Hubert? Ist der Typ bekannt, der das macht? - Später mal, wenn er 18 wird!

Henningway

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Re: Horrortrip Hurghada
« Antwort #63 am: 10.August 2010, 14:09:11 »

@ Konni:

schön, noch einen Flugverrückten kennezulernen! Die Videos kannte ich alle schon, das sind echte Klassiker. Ebenso wie die in Paro oder diesem Flughafen in Nepal mit einer Steigung von 10 %!!  :D
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Ordre des chevaliers de quatre-vingt-dix prises.

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Re: Horrortrip Hurghada
« Antwort #64 am: 10.August 2010, 17:05:28 »

Komplett spontan in Nicaragua unterwegs? Nicht schlecht.
Bekannte von mir, die jedes Jahr in Mittel und Südamerika unterwegs sind, wurden da das einzige Mal richtig übel überfallen. Trotz perfekter Spachkenntnisse und viel Erfahrung.

Seitdem überlege ich mir, ob ich wirklich "demnächst" nach Mittelamerika möchte.
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Konni

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Re: Horrortrip Hurghada
« Antwort #65 am: 10.August 2010, 21:41:09 »

Also fließend spanisch sollte es schon sein, wenn man Mittelamerika wirklich bereist und nicht nur in 1-2 Großstädten verweilt. Ich kann ein wenig Spanisch (high school level), war aber mit der Geschwindigkeit und dem Dialekt, mit dem dort gesprochen wird, überfordert. Meine Freundin kommt aus Brasilien, spricht also portugiesisch als Muttersprache. Spanisch kann sie auch sehr gut und sie hat meistens die offizielle Kommunikation übernommen, also Tickets kaufen, Taschendiebstahlanzeige aufnehmen und solchen Spaß :) Wenn wir mit Einheimischen in Kontakt waren, dann konnte ich mich nach einer Weile gut auf sie einstellen oder sie haben sich auf mich eingestellt, weil sie immer in mein ratloses Gesicht sehen mussten. Ich denke, wenn man bis zur 11. Klasse Spanisch in einer deutschen Schule hatte, dann verfügt man über bessere Kenntnisse als ich und müsste zurechtkommen. Englisch hilft einem selten weiter und Amerikaner gehören in diesem Teil der Welt nicht zu den beliebtesten Leuten. Ich habs dann mit britischem Akzent probiert, war aber auch nicht besser.
Man kennt sicher den Ausdruck "Gringo" für Amerikaner in Mittel- und Südamerika. Das Wort entstand, als die Amis bestimmte Gebiete Mittelamerikas "befriedeten", um ihnen die "westlichen Werte" einzuimpfen (kommt einem bekannt vor oder?). Also im Prinzip wollte man nicht, dass der Kommunismus um sich greift. Die Leute gefragt hat man nicht, das war die beste Werbung für die sogenannte Demokratie. Die Soldaten trugen Dschungel-Tarnfarben-Uniformen. Diese waren grün. Die Leute riefen also alle "Green go, Green go". Also verpisst euch, ihr Grünen. Daraus wurde Gringo.
Also Englisch möglichst nicht mit amerikanischem Akzent.

Ansonsten rate ich zu allen möglichen Impfungen. Da kann man sich am deutschen Institut für Tropenforschung informieren. Man sollte auch rechtzeitig anfangen, denn es sind mitunter mehrere Impfungen notwendig. Außerdem sollte eine Person der Gruppe einigermaßen über medizinische Kenntnisse verfügen. Man sollte sich auch durchaus mit der Tierwelt dort auseinandersetzen. Es soll dort fiese Frösche geben, deren Gift innerhalb von Minuten tödlich wirkt. Ich hab aber keinen gefunden. Dazu steht aber eine Menge in den Lonely Planet Reiseführern drin, die ich für jedes Land uneingeschränkt empfehlen kann (sind aber auch so 800 Seiten, es ist aber nicht schwer und trägt sich ganz praktisch). Eine große Gruppe ist auch von Vorteil. Es ist schon richtig, die Kriminalität ist nicht ohne dort. Man sollte sich von den Drogengebieten fernhalten (soviel gibt es dort nicht). Ganz wichtig: keine Taxis nehmen. Wir haben von verschiedenen Reisenden und Einheimischen gehört, dass Überfälle in Taxis sehr beliebt sind.
Schmuck jeglicher Art sollte man zu Hause lassen, den Pass immer direkt am Körper tragen oder im Hotelsafe lassen. Mit der Kleidung sollte man sich größtenteils den Örtlichkeiten anpassen. Eine blonde Freundin hätte ich nicht mitgenommen, die wäre dort zu sehr als Ausländerin aufgefallen. Ausländer gelten generell als reich und sind das Ziel von Überfällen, nicht selten auch bewaffnet. Uns wurde nur 1 mal ein kleiner Rucksack mit Einkäufen geklaut und einmal eine Brieftasche. Die hat der Dieb glücklicherweise zurückgelassen, zwar ohne Geld, aber immerhin mit Pass. Daher kam die Erkenntnis den Pass irgendwo am Körper zu tragen. Ich habe immer ein Baseballcap getragen und grundsätzlich staubige, verschmutzte Sachen. Das ist nicht unbedingt hygienisch, aber dafür sind wir wirklich kaum aufgefallen. Meistens hat man das erst erkannt, wenn wir gesprochen haben. Ansonsten liegen im Norden des Landes vereinzelt Minen. Die sind aber nur abseits der Hauptstraßen, also im Norden würde ich immer den Bus als Transportmittel empfehlen.
Außerdem sollte man sich mit Verhaltensweisen bei Erdbeben vertraut machen. Das steht aber auch ganz detailliert im Reiseführer von Loney Planet (viel kann man ja auch nicht machen).

Offiziell ist Honduras ja gefährlicher als Nicaragua (hohe Mordrate). Aber um ehrlich zu sein, fand ich Honduras sehr entspannend. Da habe ich mich nie bedroht gefühlt, man hat mir bloß einmal spontan eine Schusswaffe zum Kauf angeboten, aber das kenne ich noch aus den USA aus der High School ;) Aber ich denke wir sind gut damit gefahren, uns nicht auffällig als Ausländer zu verhalten. Achso, wir hatten ja immer unsere Wander-Rücksäcke mit und hatten die Befürchtung, dass unsere "Tarnung" auffliegen würde. Glücklicherweise sind solche Rucksäcke in der Gegend gar nicht selten. Es gibt dort viele Wanderarbeiter und die tragen alle ihre Habseligkeiten in den Rucksäcken. Man sollte vielleicht dafür sorgen, dass die Dinger einigermaßen gebraucht aussehen.
Auch wenn es jetzt so klingt, aber wir haben uns dort nicht einer generellen Gefahr gegenübergesehen. Dann hätten wir den Urlaub dort auch nicht genießen können. Es ist vielmehr so, dass man stark sensibilisiert wird für alles, was um einen herum passiert. Vielleicht wird man manchmal etwas paranoid. Bei Dunkelheit ist es immer empfehlenswert entweder im Hotel zu sein oder an einem Ort das Zelt aufzuschlagen, dem man vertraut. In Nicaragua kam es oft vor, dass Leute aus einem Ort im Umkreis von 20km alle Menschen persönlich kannten. Wenn wir also Kontakt mit Einheimischen hatten und die vertrauenswürdig waren, dann haben wir uns von denen den Weg zu einem Farmer zeigen lassen und der hat uns dann einen Platz auf seinem Grundstück oder vielleicht sogar in seinem Haus gegeben. Ein paar Mal haben wir auch einfach in der Wildnis gecampt. Da ist natürlich immer irgendwo ein Risiko dabei. Der Farmer könnte Kontakte zu einer Bande haben und denen einen Tipp geben, der einsame Platz in der "Wildnis" könnte als geheimes Kokainlager dienen, etc. Wer das Risiko scheut, sollte generell nur in Hotels schlafen (die gelten als sehr sicher) oder eben nicht hinfahren. Die allermeisten, die wir getroffen haben, wurden nicht überfallen. Ich würde sagen, 2-3 von 10 Leuten, die wir getroffen haben (also Ausländer) hatten Kontakt mit Kriminalität. Das reichte von Beobachtung eines Taschendiebstahls, bis zum bewaffneten Raubüberfall. Aber wenn man das Geld rausrückt, dann ist die Sache auch erledigt. Geiselnahmen gibt es dort nicht und auch vor Körperverletzung schrecken die meisten zurück, weil es ortsansässige Kleingangster sind und die kriegen dann starken Ärger mit der Polizei.
Aber ganz ehrlich, in Barcelona ist die Kriminalitätsrate gefühlt sehr viel höher als in Mittelamerika. Fast jeder von denen, die ich kenne, die in Barcelona waren, wurde überfallen, ausgetrickst oder sonst irgendwas.
Ich will nicht bestreiten, dass auch etwas Glück dazu gehört, nicht mit Kriminalität in Kontakt zu kommen, aber ist das nicht überall so?

Also für mich persönlich hat sich die Reise sehr gelohnt. Für meine Freundin auch, auch wenn es körperlich sehr anstrengend war. Die Temperaturunterschiede waren groß, wenn es geregnet hat, dann war das monsunartig, ein paar Stunden später konnte extrem schwüle Hitze herrschen. Dafür ist die Landschaft einfach atemberaubend. Es ist wie ein kleines Paradies, was man da bereist. Unsere Reise endete mit ein paar Tagen Entspannung auf Bay Island. Boah. Die Bilder brennen sich ein Leben lang ins Gedächtnis ein und wenn es in Deutschland mal regnet und stürmt und alles blöd läuft, dann zieht man sich in seine Erinnerung an Mittelamerika zurück und man betrachtet alles in einem anderen Licht. Schon alleine dafür lohnt sich das Ganze.


@Henningway: Ja, ich könnte tagelang diese Videos anschauen. Kennst du den User suredT? Der ist Captain einer 747 und nimmt viele seiner Flüge auf.
Hier mal die Landung einer 747 auf St. Maarten auf den hölländischen Antillen (kennst du bestimmt, wenn du Paro kennst.
http://www.youtube.com/watch?v=ksmDuXO_k6E

Der stellt alle möglichen Take-Offs und Landings bei youtube rein. Kannst dich ja mal durchklicken, wenn du ihn noch nicht kennst. Wenns nicht am Geld scheitern würde, hätte ich schon längst einen Flug nach St. Maarten gebucht. Das ist sowas wie mein persönliches Mekka, irgendwann muss man das mal gesehen haben. Nach Innsbruck bin ich ein paar Mal geflogen, das war auch schon ein großer Spaß.
Ansonsten ist natürlich noch Saba legendär. Mit 1150ft, die wohl kürzeste Landebahn der Welt. Da können dann auch nur noch Twin Otters landen.

http://www.youtube.com/watch?v=kIuS4qx9WE4

Und weil man vielleicht auch andere vom Fliegen begeistern kann, hier nochmal die Paro-Landung mit einem A319:

http://www.youtube.com/watch?v=nlKApjc9T2U

Jetzt hat mich das Fernweh wieder gepackt...
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Re: Horrortrip Hurghada
« Antwort #66 am: 10.August 2010, 21:56:55 »

Danke für die ausführlichen Schilderungen, Konni.


Eine blonde Freundin hätte ich nicht mitgenommen, die wäre dort zu sehr als Ausländerin aufgefallen.

Ich war mit einer Blondine in Kairo unterwegs, auch in richtig armen Gegenden, ich weiss also bescheid. ;D ::)


Barcelona habe ich ohe bekluat zu werden überstanden. War allerdings mit Spanischen Kommilitonen unterwegs, das zählt vielleicht nicht.
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Khlav Kalash

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Re: Horrortrip Hurghada
« Antwort #67 am: 10.August 2010, 22:14:22 »

Nen Kollege von mir macht jetzt nach dem Sommersemester ein Jahr nach Nicaragua, der musste sich allerhand spritzen lassn ... ich weis nicht ob das was für mich wäre, hab mir mal Wiki dazu durchgelesen ... nach Haiti is das es 2. ärmste Land ...
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Provinz-Manager

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Re: Horrortrip Hurghada
« Antwort #68 am: 10.August 2010, 22:29:09 »

Ich vermute, da machen viele Deutsche ein "freiwilliges soziales Jahr". Zumindest kenne ich einige, ist aber logischerweise nicht für alle etwas. Bisschen blöd, wenn einem das erst vor Ort klar wird.
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Konni

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Re: Horrortrip Hurghada
« Antwort #69 am: 10.August 2010, 22:51:37 »

Ja, Nicaragua ist extrem arm. Deshalb ja auch die hohe Kriminalitätsrate dort. Das hatte ich vergessen oben zu erwähnen, man muss sich darüber im Klaren sein, dass man mit den einfachsten Mitteln zurecht kommen muss. Das fängt damit an, dass Toilettenpapier ein Luxus-Gut ist. Außerdem bedarf es einer gewissen Gewöhnung, diese ärmlichen Verhältnisse jeden Tag zu sehen. Das kennen wir hier in Europa nicht. Für uns sind Plattenbausiedlungen schon gewöhnungsbedürftig, in Nicaragua verhungern aber Menschen. Trotzdem herrscht dort keine Trostlosigkeit. Die Menschen haben eine äußerst gesunde Lebenseinstellung, versuchen das beste aus ihrer Situation zu machen, sind sehr aufgeschlossen und wirken irgendwie glücklich. Das mag paradox klingen, deshalb muss man sich daran gewöhnen. Es ist nicht alles paradiesisch in der Gegend.
Nicaragua ist ein Beispiel dafür, was Kapitalismus anrichtet. Wir beschweren uns über die Ausläufer wie Arbeitslosigkeit, Ungerechtigkeit und solche belanglosen Dinge. Aber die Menschen dort arbeiten unter widrigen Bedingungen auf Farmen, müssen 90% ihres Ertrages an irgendwelche US-Firmen abtreten (großteils zollfrei, um im Wettbewerb bestehen zu können) und die restlichen 10% dürfen sie dann zur Eigenversorgung oder zum eigenen Verkauf verwenden. Wenn die Ernte schlecht ausgefallen ist, dann wirds äußerst eng, denn die Farmer haben oft Volumenverträge. Da kann es schonmal passieren, dass von den 10% nur noch 5% übrig bleiben. Ein Einwohner hat es mal recht treffend beschrieben: es ist moderne externe Sklavenhaltung. Die Sklaven werden nicht mehr unmittelbar auf dem Gelände des Herren gehalten, sondern sie leben weit entfernt vom Mitleid der Menschen. Der Vorteil ist, dass niemand sieht, wie sie leben müssen. Und ein weiterer Vorteil ist, dass Zigaretten, Zucker, Rum, Kaffee, Bananen und Baumwolle sehr günstig zu erwerben sind.
Das sind sehr reflektierte Worte für einen Mann, der kaum lesen und nicht schreiben kann. Trotzdem schlägt einem kein Hass entgegen. Die Menschen sind zu einem großen Teil froh, dass sich jemand für ihr Land interessiert, über die Umstände wie sie leben und sie haben helle Freude daran, offene Menschen an ihrem Leben teilhaben zu lassen.
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