13.11.2012
Ein schöner Wintertag in den Schweizer Alpen. In den letzten Monaten, seit dem Rücktritt beim FC Vaduz kam ich endlich wieder dazu das Leben zu genießen. Reisen, Fussball ohne eigenen Druck genießen, so stellt man sich es doch vor. Irgendwie juckt es einem dann aber doch in den Fingern. Wenn man 3 Jahre im Haifischbecken Profifussball gearbeitet hat, wenn es einem einfach Spaß macht sein Hobby zum Beruf zu machen und dann sogar noch Erfolg hat sehnt man sich schlussendlich zurück in dieses stressige, aber auch schöne, Leben. Die nächste Frage die sich stellt, was ist man bereit sich anzutun? 3. Liga England, 3. Liga Schweiz, 2. Liga Niederlande? Unter normalen Umständen würde ich während eines Europa League Spiels im Rheinpark auf der Trainerbank sitzen. So ist es leider nicht gekommen, aber die Leistung machte Eindruck in Europa. Robert Coar von den Blackburn Rovers, übrigens in die Coca Cola Championship abgestiegen, spendierte mir ein üppiges Abendessen. Man erfährt wirklich alles gute was eine Stadt zu bieten hat, wenn jemand versucht dich zu einem Job zu überreden. Blackburn reizte mich nicht, nach Vaduz sehnte ich mich nach einem Klub mit einer großen Historie, mit hervorragenden Fans, vielleicht auch nach dem Mediendruck, der Aufmerksamkeit. Als nächstes rief RKC Waalwijk an, die Holländer waren beeindruckt von meiner Arbeit, natürlich hoffen solche Vereine auf eine ähnliche Geschichte wie in Vaduz. Immernoch kein Interesse meinerseits, die Suche schien sich ewig hinzuziehen. Im Sommer bereits hatte Ajax Amsterdam abgesagt, als ich mir ein klein wenig Hoffnungen machte, schade drum. Es schien mittlerweile so als müsse ein Krisenklub herhalten am Ende dieses Jahres. Traditionell werden zum Winter hin die Trainer entlassen, arbeitslose Trainer wie ich es bin, können sich wirklich ernsthafte Hoffnungen machen. Ende Oktober flatterte ein ungewöhnliches Angebot herein, die Nationalmannschaft Uruguays hatte ihren Trainer entlassen. Ein Verbandsvertreter der Südamerikaner erbat ein Treffen in Spanien im November. Die Entscheidung fiel schon schwer. Neue Umgebung, nicht der Intensive Arbeitsalltag wie in einer Vereinsmannschaft, es wäre eine ziemliche Umstellung von dem was ich gewohnt war. Ich sagte zu, vielleicht springt ja wieder ein üppiges Abendessen für mich heraus...
14.11.2012
Uruguays U21 spielte gegen die Mannschaft aus Spanien im Estadio Riazor in La Coruna, wohin reist man nicht alles für einen neuen Job. Angekommen im kleinen Flughafen in A Coruna, Galicia wartete ein freier Vormittag auf mich. Welche Sehenswürdigkeit möchte man als Fussballer unbedingt sehen? Richtig. Es ging zum Estadio Riazor, entlang der Küstenlinie und durch das wunderschöne Stadtzentrum A Corunas ging es zur Heimstätte des Traditionsreiches Clubs Deportivo La Coruna. Wie schön wäre es doch für so einen Verein zu arbeiten. Im Vereinsmuseum schlendert, musterte ich einen Herren im feinen Anzug der sich fragend immer wieder zu mir umblickte. Vielleicht erkannte er mich? Nein, wieso sollte hier irgendjemand einen Vaduzer Ex-Trainer erkennen, das wäre doch absurd. Es war grade Zeit für einen Abflug in Richtung Stadtzentrum als der Mann im Anzug mir von hinten auf die Schulter griff. Ich drehte mich irritiert um und gab mein eher schlechtes Schulspanisch Preis.
"Hola Senor...ähh...que..."
"Por favor, haben sie keine Angst"
"Si...ähm...wer sind sie?"
"Ai, wo sind meine Manieren? Mein Name ist Alejandro Garcia Torres, ich bin, wie sagt man auf Deutsch, Sport...Sportdirecta..."
"Sportdirektor? Sie sind Sportdirektor?"
"Si, gracias, das Wort habe ich gesucht. Ich bin Sportdirektors dieses bescheidenen Vereins..."
"Bescheidenen Vereins? Ich glaube sie sind hier der bescheidene. Jedenfalls, ich freue mich Senor Torres, aber sie kennen meinen Namen noch nicht, ich bin..."
"Sie sind Jörg Feldhofer, selbstverständlich kenne ich sie. Wer in unserem Geschäft tut das im Moment nicht nach ihrem Erfolg im Fürstentum? Was verschlägt sich in unser schönes A Coruna, Senor Feldhofer?"
"Uruguay....also ein Job in Uruguay"
"Nationalmannschaft? Sie sprechen über die Nationalmannschaft?
"Ja, die Nationalmannschaft Uruguays, so ist es."
"Senor Feldhofer, lassen sie uns nicht hier zwischen Tür und Angel reden, hören sie Senor Feldhofer sie sind der Mann den ich suche."
"Ich verstehe nicht ganz?..."
"Sie werden, sie werden. Lassen sie uns ins Stadtzentrum fahren, ich löse ihren Termin mit den Uruguayern, kein Problem"
Angekommen im Stadtzentrum begab ich mich mit Alejandro Torres in Richtung der Galeriehäuser am Hafen. Diese Stadt hatte eine Schönheit die mit Vaduz nicht Ansatzweise zu vergleichen war. Eine Kulturstadt wie sie im Buche steht, nur was hielt sie für mich bereit?
"Setzen sie sich, Senor Feldhofer...Dos Café, por favor. Schauen sie Senor, ich entführe sie aus einem Grund. Vielleicht wissen sie es, vielleicht auch nicht. Wir können unseren Trainer nicht mehr halten, er ist nicht mehr tragbar, die Fans wollen ihn nicht. Sie wollen einen unbekümmerten, jungen Mann, der bereits einen Verein aus der Versenkung an die Spitze gebracht hat. Verstehen sie? Es scheint wohl ein Zeichen zu sein das grade sie im Estadio Riazor auftauchen, sie sind der Mann den ich suche. Sie sind erst 3 Jahren im Geschäft und haben doch aus wenig in dieser kurzen Zeit einiges gemacht. Wir möchten einen solchen Mann auf der Trainerbank haben, ich möchte das sie diesen Verein wieder nach oben bringen, was sagen sie?
"Puuuh, also, das kommt jetzt doch ein wenig...ähm...plötzlich?"
"Ich brauche ihre Zusage Senor, in 3 Tagen steht ein wichtiges Spiel gegen den FC Girona an, helfen sie mir, Senor Feldhofer?..."
Es ging alles so unglaublich schnell. Anstatt im Flieger nach Montévideo in meinem Sitz von einer Anstellung zu träumen, saß ich im malerischen La Coruna und bekam von einem Moment auf aden anderen ein Vertragsangebot vorgelegt. Was hatte ich gesagt? Traditionsverein? Check. Große Historie? Check. Viele Fans? Check. Wie konnte man hier nein sagen? Das Abenteuer Profifussball endete vorerst in Liechtenstein, nun beginnt es in Galizien erneut.