Die
Piccadilly Line (Anm. Blaue U-Bahnlinie in London) fährt die weite Strecke in die City von London.
Mich allerdings kann das nicht erschüttern. Mein Anstandswauwau,
Aleksey bewacht meinen Schlaf und ich kann getrost einen Promilleabbau starten.
Nach einer geschätzten Schlafzeit äh Fahrzeit von rund 40 Minuten, weckt mich
Aleksey am Knotenpunkt auf.
Irgendwie kenn ich mich noch weniger aus als vorhin und ich schlage dem kleinen Russen auf den Kopf, in der Annahme es wäre mein Wecker.
Aleksey wehrt sich mit lautstarker Gegenwehr in seiner Muttersprache.
Beim Verlassen des Zuges, winkt mir der kleine Russe noch nach und behauptet felsenfest, das wir uns demnächst sicher sehen werden. Klar doch, wir sind ja nur in einer Millionenmetropole, da läuft man sich ja gleich über den Weg.
Ich ziehe mein Handgepäck durch die engen Gänge der Station – eng ist zwar ganz ok, aber nicht wenn dir ungefähr
2500 Personen in der
Rush Hour an den Fersen kleben.
Endlich erreiche ich den Abgang zur
Northern Line (Anm. Schwarze U-Bahnlinie), die mich an mein Ziel, die
Old Street bringt.
In der Bahnsteighalle steht ein blinder Musiker und singt:
„Time to say Goodbye“Ey denke ich mir, der macht das gut und sieht dem Po dingsdibumsti ziemlich ähnlich.
Rein in die überfüllte Tube und
Gruppenkuscheln ist angesagt.
Doch wie viel Pech kann man haben. Nicht das ich einmal in einen Zug mit lauter hübschen,
vollbusigen Schwedinnen komme. Nein, ich lande mitten in einer Gruppe von nach
Luft ringenden Pensionistinnen die allesamt nach billigen Parfüm riechen.
Leider nicht dafür Mit Mühe, kann ich den Mageninhalt, der mir in den letzten Stunden eine beachtliche Summe an Euros gekostet hat, in mir behalten.
Endlich, die erotische Durchsage aus dem Lautsprecher erklingt.
„Next Stop – Old Street“Übereifrig springe ich aus dem Zug, ohne zu merken das sich eine Dame mit den hohen Stöckeln ihres Absatzes in meinen Schuhbänder verhängt hat.
Mit einem lauten Aufschrei, lande ich am Bahnsteig. Wie schon erwähnt, es ist Rush Hour.
Mit aller Kraft, kämpfe ich mich wieder hoch und schaffe es nach einiger Zeit wieder auf die Beine zu kommen.
Geschafft, ich habe die Station verlassen und bin an der frischen Luft.
Durch den dichten Londoner Nebel kombiniert mit grauslichen und heftigen Regen, gehe ich die
Old Street entlang.
Und da ist es.
Müde,
verschwitzt,
stinkend und
beinahe wieder nüchtern, erreiche ich mein Hotel.
Ich eile zur Rezeption und lege hastig meine Papiere vor.
Der
kleine Indischstämmige Kollege (irgendwie kommt der mir sehr bekannt vor), überreicht mir die Schlüsselkarte für mein Zimmer.
Room 562 steht darauf. Aha, das bedeutet wahrscheinlich 5.Stock Raum 62.
Bevor ich mich umdrehen kann und in Richtung des Aufzuges starte, sagt er mir noch:
„Sir, the elevator is out of order. You have to take the stairways” Nein, das kann aber nicht wahr sein. Ich kann unmöglich 5 Stöcke raufgehen, dazu reicht meine Kondition niemals. Ich frage ihm höflich, wie lange es dauern wird, bis der Aufzug wieder funktioniert. Der freundliche Inder meint nur:
„Soon“Hä, ich bin nicht dein Sohn, ich will wissen wann der Lift wieder geht.
Der Inder zückt nur die Schultern und dreht mir selbige zu.
Auch gut denke ich mir, dann geh ich schnell mal an die Bar und trinke mir Mut für den weiten Fußmarsch an.
Nach geschätzten 5 Gläsern, lauwarmen Bier – habe ich meinen Pegel wieder erreicht und steuere das Stiegenhaus an.
5 Stöcke sind doch ein Klacks, denke ich mir.
Und da passiert das unfassbare. Ich komme mir vor wie
Mr.Bean.
Im schmalen Stiegenhaus, kämpft sich eine sehr betagte alte Frau ab.
Überholmöglichkeit – negativ.Endlich ist es geschafft und ich bin im 5.Stock angelangt.
Schnell rein ins Zimmer und erstmal duschen.
Ich stelle meinen Koffer ab und schäle meinen Körper aus den klebrigen Klamotten.
Voller Vorfreude laufe ich zur Dusche und öffne die Türe.
Ahhhhhhhh – voller Schreck weiche ich zurück.
Erst jetzt fällt mir ein, das ich ja ein Doppelzimmer habe.
Lachend begrüßt mich ......
Aleksey .
Mir ist das lachen eindeutig vergangen, beim Anblick eines behaarten kleinen Russen.
Erst jetzt erklärt er mir, das er ebenfalls am Meet Up teilnimmt.
Im selben Augenblick aber kann ich gleich einen positiven Sinn darin erkennen.
Russe ...... Vodka. Yeah, trocken bleibe ich auf keinen Fall.So, endlich ist es soweit.
Aleksey verlässt die Dusche und ich kann in meinen Luxuskörper pflegen gehen.
Welch Wohltat so eine heiße Dusche doch sein kann.
Während ich den Schweiß von meinem Körper wasche, stimmt
Aleksey ein russisches Folkloreliedchen im Zimmer an.
Frisch und leider wieder vollständig nüchtern, verlassen wir das Hotelzimmer und gehe in die Lobby.
In der Lobby ist bereits die Hölle los, da sämtliche Teilnehmer des Meet Up´s bereits eingecheckt haben und sich begrüßen.
Da ich zum ersten Mal teilnehme, kenne ich niemanden.
Artig stelle ich mich vor, doch keiner kann mich verstehen.
Kein Wunder, mein Mund ist bereits so stark ausgetrocknet, das ich spreche als ob ich einen Wattebausch im Mund hätte.
Ich entschuldige mich kurz und sprinte an die Bar. 1,2,3 Biere werden in Windeseile gekippt und im Anschluss geht es im Sprint zurück zu den Leuten.
Oha, jetzt klappt es auch mit den Kollegen.
30 Minuten später, gehen wir im Gänsemarsch zum Büro von SI.
Im Büro angekommen, werden wir gleich mal von den Mitarbeiter begrüßt und jeder bekommt ein Namenschild mit seiner Landesflagge umgehängt.
Alle unterhalten sich über dies und das, während ich, leicht benebelt Ausschau nach was trinkbaren halte. Negativ. Es gibt nichts.
Nagut, setzen wir uns halt auch hin und hören mal zu was so gesprochen wird.
Einer nach dem anderen begrüßt uns und mir kommt es vor, als ob sich
Reiner Calmund auf den Uhrzeiger gesetzt hat.
Ich schlafe beinahe ein, doch Aleksey der sonderbarer Weise neben mir Platz genommen hat, weis dies zu verhindern.
Während ich geduscht habe, hat er guten
Kartoffelsaft in 4 Flachmänner gefüllt.
Er reicht mir einen Flachmann und wie von Zauberhand, ist die Müdigkeit weg.
Nun macht die Sitzung auch Spaß.
Nach ungefähr 4 Stunden, herrscht Aufbruchstimmung.
Irgendwie kenne ich mich gar nicht aus, aber ich laufe oder eher ich torkle der Meute hinterher. Vor dem Büro wartet bereits ein großer Autobus auf uns.
Rein da und erstmal Platz nehmen. Das ist jetzt sicher die Fahrt zum geplanten Fußballspiel.
Wenn werden wir uns wohl anschauen ?
Arsenal,
Chelsea,
Tottenham oder doch gar das Spiel
Fulham gegen
Manchester United ?? Fragen über Fragen.
Der Bus setzt sich in Bewegung und wir verlassen die Innenstadt von London.
Getrübt kann ich Wegweiser erkennen. Unter anderem auch eines nach Fulham.
Yeah, wir sehen wirklich Fulham gegen ManU.
Doch anstatt die Ausfahrt nach Fulham zu nehmen, fährt der Busfahrer einfach weiter.
Der kennt sicher einen Schleichweg um den Verkehr zu vermeiden.
Nach weiteren 20 Minuten, bleibt der Bus stehen. Nanu, wo sind wir jetzt.
Ich blicke aus dem Fenster und sehe kein Stadion.
Doch wir dürften offensichtlich am Ziel angelangt sein.
Ich sehe mich um, doch ich kann weder Fans von Fulham noch von ManU erkennen.
Aber was ich erkennen kann ist ein anderes Schild.
Wir stehen vor der Heimstätte vom
Blue Square South Aufsteiger und derzeitigen
Tabellenführers AFC Wimbledon.
Na toll – wir schauen uns ein Spiel eines Amateurvereines an. Die Freude hält sich in Grenzen.
Ein wenig mehr Freude kommt auf, als wir die Tickets erhalten und damit den Zugang zum VIP Bereich bekommen. Yeah – Gratissaufen ist angesagt.
Schnell an die Bar und gleich mal Flüssigkeiten holen, den nüchtern kann ich mir ein Spiel eines Amateurteams mit Sicherheit nicht anschauen.
Nach ein paar kühlen Bieren (erstaunlicherweise sind die dort wirklich gekühlt) betreten wir das kleine, aber schmucke Stadion.
Und da komme ich aus dem Staunen nicht raus. Die Hütte ist mit über 4000 Zuschauern gefüllt und die Stimmung ist gewaltig.
Ich beginne zu lachen als ich daran denken muss, das der Österreichische Bundesliga Verein – FK Austria Wien manchmal nicht mal diese Kulisse hat.
Blue Square South (6.Liga) Österreichische Bundesliga Das Spiel selbst ist nicht gerade ein Highlight, wahrscheinlich auch weil ich getrübte Sicht habe, aber das Bier schmeckt gut.
Leider kippt die Stimmung, als
Sanchez Ming von
Welling United praktisch aus dem nichts das
0:1 macht, zugleich auch den Endstand.
Nach dem Spiel, sitzen wir geschlossen im VIP Bereich und diskutieren über den Spielverlauf. Auch einige Spieler von AFC sowie der Vereinspräsident und Trainer setzen sich dazu. Sofort erkenne ich den Schuldigen der Niederlage. Der Trainer.
Bestimmend und mit scharfen Unterton, kritisiere ich ihm.
Erik Samuelson, der Präsident beobachtet das rege Gespräch aus der Ferne und entschließt sich nach kurzer Bedenkzeit daran teilzunehmen.
Nachdem die Gemüter sich wieder beruhigt haben, setze ich meine Jagd auf Englisches Bier weiter fort und unterhalte mich mit Erik über belanglose Sachen.
Gegen Mitternacht machen wir uns auf dem Weg zum Bus und fahren wieder zum Hotel.
Bereits ziemlich gezeichnet, ich vermute das letzte Bier war schlecht, kämpfe ich mich in mein Zimmer und wenige Minuten später schlafe ich auch schon ein.
Am nächsten Morgen, brauche ich erstmal ein
Maurerfrühstück (1 Bier und 1 Vodka) damit ich wieder fit werde.
Die nächsten 2 Tage in London, verbringe ich meist an der Hotelbar.
Am Tag des Abfluges, verabschiede ich mich brüderlich von
Aleksey, in der Hoffnung ihn nicht allzu schnell wieder zu sehen, und fahre wieder zum Flughafen.
5 Stunden später bin ich wieder bei meiner Familie und der Alltag in Österreich beginnt.